Diskurs

Garten Eden 2.0

Planspiel zur Schöpfungsverantwortung im interreligiösen Dialog
Planspiel Eden 2.0 mit Konfis. Foto von Miriam Meir.

Was wäre, wenn die größten Weltreligionen zusammen einen Gemeinschaftsgarten verwalten müssten? Genau das ist die Ausgangssituation im Planspiel Garten Eden 2.0, OER im ReliLab, von Friederike Wenisch, Corinna Ullmann und mir sowie Impulsen von ChatGPT. Die betagte Dame Eve stirbt und vererbt ihrem vielfältigen Freund:innenkreis ihren Garten als Gemeinschaftsprojekt – aber unter einer Bedingung: alle Weltreligionen müssen mit ihren Werten und Besonderheiten darin Platz finden! Sowohl für Schüler:innen im Reliunterricht als auch in Konfi-Gruppen bietet das Spiel eine hervorragende Gelegenheit, Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) und das Globale Lernen mit den Themen Schöpfungsverantwortung und interreligiöser Dialog zusammenzubringen und im kreativen Austausch wertvolle Kompetenzen für die Eine Welt zu erlernen.

Vom Gestalten zum Bewahren – Aufbau & Ablauf

Für das Planspiel wird die Gruppe in Kleingruppen von bis zu 6 Personen aufgeteilt, welche jeweils ein interreligiöses Team bilden. So ist die Einheit in kleinerem Rahmen ebenso wie für Großgruppen gut geeignet. Mit den Konfis haben wir alles in zwei Teams in ca 90 Minuten gespielt. Kürzer wäre es schwierig gewesen, länger aber durchaus möglich. Das Planspiel beginnt mit dem Verlesen eines Briefes der verstorbenen Eve durch die Erbschaftsverwaltung (die Gruppenleitung oder Lehrkraft). In dem Brief vermacht sie ihren Freund:innen ihren Garten mit dem einzigen Wunsch, dass alle Religionen darin Platz finden. Nun bekommt jedes Team einen Briefumschlag mit Spickzetteln sowie eine Vorlage zum Gestalten eines Gartens, Papier und Stifte. Die verschiedenen Spickzettel werden unter den Teammitgliedern verteilt, sodass jede Person Expert:in einer Religion ist, die sie dann im weiteren Spielverlauf vertritt.

Die erste Phase des Planspiels ist das Gestalten des Gartens. Die Konfis überlegen sich, was in der Religion, die sie vertreten, wirklich wichtig ist und wie sie das in einem Garten darstellen könnten. Das Material bietet hierfür eine Vielzahl an Ideen und Anknüpfungsmöglichkeiten, die bei Bedarf zur Inspiration dienen können. Beim Erproben in einer Konfi-Gruppe kamen die Jugendlichen aber auch von sich aus auf kreative Ideen und Lösungsansätze. So wurde beispielsweise das Yin-Yang im Taoismus in Form einer Wippe zum Ausdruck gebracht und die Lampen als Symbol im Islam sollten den Weg in die Mitte des Gartens leuchten.

Wenn das Bild des Gartens die erste Gestalt annimmt folgt die zweite Phase des Spiels: das Bewahren. Leider steht auch die Arbeit im Garten Eden immer wieder vor neuen Herausforderungen wie Wildwuchs, Unwetter oder gar eine Schneckenplage. Hierfür ziehen sich die Teams jeweils eine Ereigniskarte und haben die Aufgabe, das neue Problem entsprechend ihrer Wertvorstellungen zu lösen. Über einen QR-Code können sie sich mit einem Mobilgerät ein Video mit drei Lösungsvorschlägen anschauen, die sie dann in der Gruppe diskutieren. Spricht etwas für oder gegen den Einsatz von Spritzmittel? Welche Handlungsalternativen gibt es bei anhaltender Dürre und wie würden in den verschiedenen Religionen wohl Pflanzenkrankheiten angegangen werden? Die Konfis treten in den Austausch und überlegen, welche Werte hier wichtig sind. Wenn sie einen Konsens gefunden haben, malen sie diesen in den Garten ein und bekommen als Belohnung für die bewältigte Herausforderung ein Puzzleteil.

Das Spiel geht so lange, bis alle Puzzleteile an die verschiedenen Teams verteilt wurden (oder die Zeit dem Ende naht und die restlichen Teile aufgeteilt werden). Nun fügen die Spielenden ihre Errungenschaften zusammen. Schnell wird klar: das Puzzle funktioniert nur, wenn alle Teams zusammenarbeiten und ihre Beute in die Mitte legen. Am Ende entsteht ein QR-Code, doch wo führt er hin?

BNE in der Konfi-Arbeit

Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) wird ähnlich wie das Globale Lernen interdisziplinär gedacht und konzentriert sich auf die Förderung von Kompetenzen, welche zu einem nachhaltigen Leben in einer globalen Gemeinschaft befähigen. Das Planspiel Eden 2.0 nimmt sich BNE gleich in zweierlei Weise an. Zum einen widmet es sich der Umweltbildung und vermittelt Kenntnisse und Fähigkeiten in Fragen der Nachhaltigkeit. Die Lernenden schlüpfen in die Rolle von Gärtner:innen und stellen sich durchaus realistischen Herausforderungen bei der Bepflanzung einer Grünfläche. Zum anderen denken sie sich in die Wertvorstellungen und Deutehorizonte verschiedener Weltreligionen ein. Sie üben sich im Perspektivwechsel, treten in den Austausch und bemühen sich um einen gemeinsamen Konsens. Dabei werden sie kreativ und überlegen im Team, wie sie komplexe Probleme mit verschiedenen Lösungsansätzen angehen können.

Religionspädagogische Verortung

Auch in der religiösen Bildung schneidet Eden 2.0 zwei elementare Themen an, die in der Konfi-Zeit mit praktischen Anschlussprojekten verknüpft werden können. Zum einen ist da das Thema Schöpfungsverantwortung. Wer ist der Mensch als Geschöpf in Gottes Schöpfung und mit welchen Freiheiten und welcher Verantwortung ist das verbunden? Neben der religiösen Reflexion führt das Planspiel die Konfis auch an ganz praktische Fragen der Gartenarbeit heran, welche bei einem Konfi-Tag, im Rahmen einer Rüstzeit oder vielleicht einfach beim nächsten Gemeindeeinsatz auf dem Kirchengelände umgesetzt werden können. Oder wie wäre es mit dem Kneten von Blumensaatbomben oder dem Bau eines Insektenhotels im Anschluss an das Spiel?

Das zweite Schwerpunktthema ist der interreligiöse Dialog. Hier setzen sich die Jugendlichen mit verschiedenen Weltreligionen auseinander, entdecken unterschiedliche Traditionslinien ebenso wie geteilte Werte und Normen. Schnell wird klar: jede Religion bietet einen unglaublichen Reichtum an Vorstellungen und Orientierungspunkten, welche im Garten ihren Ausdruck finden. Ein Aspekt, der dabei leider weniger zur Sprache kommt und insbesondere den Konfis in Sachsen-Anhalt schwer vorstellbar schien, war die Frage: „Hatte Eve denn gar keine atheistischen Freunde?“ Dem könnte damit begegnet werden, dass eine 7. Person im Team die Aufgabe bekommt, säkulare oder humanistische Werte zu vertreten. Nichtsdestotrotz lernen die Konfis im Spiel verschiedene Religionen kennen und setzen sich mit deren Symbolen und Überzeugungen auseinander. Im Anschluss an die Einheit könnte darum auch eine andere Religionsgemeinschaft z.B. eine Moschee oder eine Synagoge besucht und das Wissen über diese Religion vertieft werden.

ReliLab – Material und Erfahrungsberichte

Das gesamte Material zum Planspiel steht in einer TaskCard auf der Webseite des ReliLabs als Open Educational Resource (OER) zur Verfügung. Dort gibt es darüber hinaus immer wieder Weiterbildungsformate und regionale Austauschgruppen für Religionspädagog:innen, welche Fragestellungen des BNE mit digitalen Medien in der religiösen Bildung zusammenbringen und innovative Ansätze für den Unterricht oder auch die Arbeit in der Gemeinde und mit Konfirmand:innen erproben und weiterentwickeln. In diesem Rahmen wurde auch das Planspiel Eden 2.0 vorgestellt und verschiedene Praktiker:innen berichteten von ihren Erfahrungen in der Anwendung – von der Grundschule bis hin zur Konfi-Arbeit. Die ganze Veranstaltung kann als interaktives Video nachgesehen werden:

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von relilab.org zu laden.

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Weitere Planspiele zum Globalen Lernen

Im Laufe der Jahre wurden vor allem im Rahmen der KonfiCamps in Wittenberg immer wieder Planspiele zu aktuellen Herausforderungen der Einen Welt entwickelt und erprobt. Das Planspiel FairKleidung führt die Spielenden als globale Akteure an das Thema Unternehmensverantwortung in Lieferketten des Textilhandels heran. Ein Planspiel zum Thema Flucht und Asyl kann an einem Konfi-Tag mit einer größeren Gruppe von bis zu 50 Konfis gespielt werden. Das Planspiel „Fairreros Schokoüberraschung“ eröffnet mit dem Schokohandel ein weiteres Themenfeld und bleibt vom Aufbau stark an FairKleidung angelehnt. Zuletzt können Konfis im Planspiel „Jugend und Kirchgemeinde“ ganz lokal Interessenskonflikte im Gemeindekirchenrat kennenlernen und ihr Projekt für eine jugendnahe und faire Gemeinde auf den Weg bringen.

Weitere Beiträge zum Globalen Lernen mit digitalen Medien in der Konfi-Arbeit finden sich im Blog der Projektstelle „Konfis und die Eine Welt“.

Miriam Meir

Studienleiterin der Projektstelle "Konfis und die Eine Welt" (2019-2023)
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Konfis Global

In diesem Blog berichte ich zu Globalem Lernen in der Konfi-Arbeit und gebe Anregungen zur Nutzung digitaler Medien.

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