Diskurs

Knautschzone Landwirtschaft

Zwischen Klima-, Naturschutz und Ernährungssicherung

Der Krieg in der Ukraine hat die Nahrungsmittelversorgung in Europa und weltweit massiv beeinflusst. Drängend die Frage, wie die Ernteausfälle und Lieferengpässe kompensiert werden könnten. Nahe lag und liegt, den Anbau andernorts zu intensivieren und die Erträge zu steigern – auch in Deutschland. Doch wäre das nicht kontraproduktiv für die dringend notwendigen Bemühungen um mehr Klima- und Naturschutz in der Landwirtschaft und die darauf zielenden Reformen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP)?

Zweifellos befinden sich Politik und Landwirtschaft in der Klemme. Welche Prioritäten müssen jetzt gesetzt werden? Hat die Ernährungssicherung Vorrang vor dem Klimaschutz – oder lässt sich beides zugleich erreichen? Könnte mehr importiert werden – oder würden dadurch klimaschädliche Effekte lediglich ins Ausland verlagert?

Fachleute aus Wissenschaft, Landwirtschaft, Politik, Verwaltung und Umweltverbänden, aber auch Studentinnen und Studenten sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger kamen vom 3. bis 5. November 2022 zusammen, um über diese Fragen miteinander zu diskutieren. Ein besonderes Augenmerk wurde dabei auf die Landwirtschaft in Mitteldeutschland gerichtet.

Die nachfolgenden Videos dokumentieren die Online-Vorträge und -Diskussionen.

Krieg und Klimawandel: Herausforderungen für die Landwirtschaft

Zu Beginn der Tagung referierte Prof. Dr. Stephan von Cramon-Taubadel vom Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung der Georg-August-Universität Göttingen zum Thema „Welternährung im Krisenmodus. Der Krieg in der Ukraine und seine Folgen“. Dabei kritisierte er auch Länder wie China, die über große Lagerbestände an Getreide verfügten und damit die Märkte stützen könnten, dies aber nicht täten. Auch forderte er den weiteren Ausbau von Getreideexporten aus der Ukraine über den Landweg. Dies sei auch dann erforderlich, wenn es zu einer gewissen Entspannung bei den Seetransporten kommen sollte.

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Prof. Dr. Hermann Lotze-Campen, Leiter der Forschungsabteilung „Klimaresilienz“ am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, widmete sich dem Thema „Welternährung im Hitzestress. Der Klimawandel und seine Folgen“. Er ließ keinen Zweifel daran, dass sowohl durch den Krieg in der Ukraine als auch den Klimawandel der Hunger in der Welt wieder zunehme. Die immer häufiger und länger auftretenden Hitzeperioden steigerten die Verdunstung, woraus langanhaltende Trockenheit folge. Dies könne auch durch die vermehrt auftretenden Starkregen nicht kompensiert werden. Und da die Zahl der Extremwetterereignisse zunehmen werde, sei mit vermehrten Missernten zu rechnen. Solche Extremereignisse ließen sich noch nicht hinreichend in Klimamodellen abbilden. Auch eine eventuelle Zunahme von Pflanzenkrankheiten infolge des Klimawandels sei bisher zu wenig erforscht.

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Prof. Dr. Sebastian Lakner, Inhaber des Lehrstuhls für Agrarökonomie an der Agrar- und Umweltwissenschaftlichen Fakultät der Universität Rostock nahm sich des Themas „Klima- und Naturschutz in der Landwirtschaft. (Neue) Herausforderungen für die Agrarpolitik“ an. Er führte aus, dass die Landwirtschaft durch Anbau und Landnutzungswandel weltweit etwa ein Drittel der Emissionen klimawirksamer Spurengase verursache, in Deutschland etwa zwölf Prozent. Diese ließen sich durch geeignete Maßnahmen weiter reduzieren, aber nicht auf null bringen. Deshalb seien Kompensationsmaßnahmen nötig, etwa die Wiedervernässung von Mooren oder die Umwandlung von Acker in Dauergrünland. Erheblicher Nachholbedarf bestehe beim Schutz der Natur vor den Auswirkungen der Landwirtschaft. Studien zeigten, dass die Insektenbiomasse in Naturschutzgebieten in den vergangenen 20 Jahren um 75 Prozent abgenommen habe. Auch der Rückgang an Vogelarten sei signifikant und gravierend.

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„Klimawandel in Mitteldeutschland: Was kommt auf die Landwirtschaft zu?“ war Thema des Vortrags von Prof. Dr. Michael Rode, stellv. Leiter des Departments „Aquatische Ökosystemanalyse und Management (ASAM)“ am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ, Leipzig. Auch in Mitteldeutschland sei ein signifikanter Anstieg der Mitteltemperaturen zu verzeichnen. Ein Temperaturanstieg von 1,5-Grad gegenüber dem vorindustriellen Wert sei dort bereits erreicht. Die Niederschlagsmenge übers Jahr gesehen werde womöglich leicht zunehmen, aber überproportional im Winter. Es sei mit mehr Starkregenereignissen zu rechnen und mit mehr heißen Tagen und daraus folgender Dürre im Sommer. Dies habe gravierende Auswirkungen sowohl auf die Land- als auch die Forstwirtschaft.

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Klimaanpassung in der Landwirtschaft

Prof. Dr. Andreas Stahl, Leiter des Instituts für Resistenzforschung und Stresstoleranz, Julius Kühn-Institut (JKI) – Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Quedlinburg berichtete über Möglichkeiten der „Klimaanpassung im Pflanzenbau“. Dabei rückte er vor allem die Chancen der Pflanzenzüchtung in den Mittelpunkt. (Zu diesem Vortrag steht kein Video zur Verfügung.)

Dr. Franziska Koch vom Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN), Dummerstorf stellte eine große Zahl an Maßnahmen vor, mit denen zu mehr „Klimaanpassung in der Tierhaltung“ beigetragen werden kann.

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Die Rolle der Agrarmärkte und der Agrarpolitik

Der Agrarökonom Dr. Johannes Simons vom Lehrstuhl für Marktforschung der Agrar- und Ernährungswirtschaft an der Universität Bonn stellte sich der Herausforderung, zum Thema „Landwirtschaft im Kriegs- und Klimastress. Wie funktionieren und reagieren die Agrarmärkte?“ zu referieren. Dabei beleuchtete er die Wertschöpfungskette vom Landwirt bis zum Kunden.

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Pascal Grohmann, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Agrar- und Ernährungspolitik der Humboldt-Universität zu Berlin, nahm die „Die EU-Agrarpolitik“ unter die Lupe und ging der Frage nach, ob sie eher „Motor oder Bremse für Klima- und Naturschutz?“ sei. Er kam zu dem Ergebnis, dass die Gemeinsame Agrarpolitik der EU mit den von ihr vorgegebenen und finanzierten Maßnahmen ihre selbst gesetzten Ziele weit verfehlen werde.

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Wie sich die Knautschzone „Klima-, Naturschutz und Ernährungssicherung aus Sicht von Bauern- und Umweltverbänden“ darstellt, wurde mit Steffen Pingen, Leiter Umweltpolitik/Nachhaltigkeit beim Deutschen Bauernverband, Berlin, Jessica Haby, Landesgeschäftsführerin Sachsen-Anhalt der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft Mitteldeutschland, Halle (Saale) und Michael Berger, Referent für nachhaltige Landwirtschaft und Ressourcenschutz beim WWF Deutschland, Berlin diskutiert.

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Prof. Dr. Achim Spiller vom Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung an der Georg-August-Universität Göttingen ging der Frage „Ist ‚Öko‘ die Zukunft?“ nach und skizzierte sinnvolle Bausteine für eine „Politik für eine nachhaltige Landwirtschaft“.

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Die Bundestagsabgeordnete Dr. Anne-Monika Spallek von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und Mitglied des Bundestagsausschusses für Ernährung und Landwirtschaft griff viele der zuvor genannten Aspekte und Diskussionspunkte auf und stellte unter der Leitfrage „Klima-, Naturschutz und/oder Ernährungssicherung? Die Strategie der Bundesregierung“ vor.

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Den Abschluss der Tagung bildete eine Podiumsdiskussion zum Thema „Raus aus der Knautschzone!?“ mit Dr. Monika Spallek sowie Olaf Feuerborn, Präsident des Landesbauernverbandes Sachsen-Anhalt, Magdeburg, Jessica Haby, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft Mitteldeutschland, Halle (Saale) und Michael Berger, WWF Deutschland, Berlin.

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Bei Fragen zur Tagung und Anregungen zur Weiterarbeit am Thema wenden Sie sich bitte an:

Jörg Göpfert

Jörg Göpfert

Studienleiter, Arbeitsbereich Umwelt und Soziales
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Siegrun Höhne

Kirchlicher Dienst auf dem Land, Umweltmanagement der EKM, Leiterin der Studienstelle/ KFH
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