Was bewegt Menschen dazu, ihre Heimatländer zu verlassen, was unterscheidet eine Flucht von anderen Formen der Migration und auf welchen Wegen sind Flüchtende unterwegs? Diesen Fragen näherten sich Konfirmand:innen im Planspiel Flucht auf dem Global Day der KonfiCamps 2021 in Wittenberg an. Sie fühlten sich in Kleingruppen in die Identitäten von flüchtenden Personen ein und versuchten sich mehr oder weniger erfolgreich Fluchtrouten zu erschließen. Wieder aus den Rollen gefallen, erprobten sie in verschiedenen Workshops Handlungsoptionen, um den Problemen im Zusammenhang mit Flucht zu begegnen.
In diesem Beitrag finden sich Hintergründe zum Spiel, Informationen zum Planspiel der Vormittagseinheit sowie zu den Aktionsworkshops am Nachmittag. Die Anleitung sowie alle Materialien stehen unter Downloads zur Verfügung.
Zum Spiel
Thema und Hintergrund
Das Planspiel wurde von Ehren- und Hauptamtlichen im Rahmen der KonfiCamps in Wittenberg entwickelt und führt Konfis an das große Thema Flucht heran. Auf spielerische Art und Weise werden sie für die vielfältigen Gründe und Ursachen von Flucht sowie die damit verbundenen Gefahren sensibilisiert und stellen sich in verschiedenen Aktionen schwierigen Herausforderungen. Der Entwicklung des Planspiels ging der Eindruck voraus, dass in medialen Darstellungen Flucht und Asyl sowie die Kontroversen zur Seenotrettung vor allem mit dem europäischen Kontinent in Verbindung gebracht werden. Tatsächlich aber erreichten im letzten Jahr nur ein Bruchteil der Flüchtenden Europa, während verschiedene afrikanische Staaten eine deutliche höhere Migrationsrate aufwiesen. Das Planspiel bezieht sich darum vor allem auf Fluchtrouten und Stationen in Nordwestafrika. Es veranschaulicht verschiedene Situationen und Bedingungen, welche Menschen dazu veranlassen ihr Land zu verlassen und zeigt dabei globale Zusammenhänge, wie beispielsweise die Folgen des Klimawandels, auf. Während Artikel und Hintergrundinformationen im Spiel echt sind, wurden die Identitäten der Rollen frei erfunden.
Im zweiten Teil, also am Nachmittag, fallen die Konfis wieder aus den Rollen und setzen sich in einem von drei verschiedenen Aktionsworkshops mit Teilaspekten des Themas auseinander. Jeder der Workshops beinhaltet eine konkrete Handlungsoption und gibt den Konfis so die Möglichkeit, sich als selbstwirksam zu erleben. Im Workshop zur Seenotrettung erfahren sie mehr über die Hintergründe einer auch in den Kirchen kontrovers geführten Debatte und phantasieren ein perfektes Rettungsschiff. Im Workshop zu Fluchtursachen lernen sie die Organisation Amnesty International kennen und formulieren Briefe zur Freilassung politisch Gefangener. Im dritten Workshop beschäftigen sie sich in der Gruppe und ihren persönlichen Migrationshintergründen und schaffen Orte der Geborgenheit.
Der Rahmen
Das Planspiel verbindet zwei aufeinander aufbauende Einheiten, idealerweise mit einer Mittagspause dazwischen, und eignet sich darum besonders für Konfi-Tage oder Rüstzeiten. Auf den KonfiCamps wurde es in großen Gruppen von bis zu 50 Konfis gespielt, kann aber auch in einem kleineren Rahmen durchgeführt werden. Für die verschiedenen Stationen sowie die Betreuung der Workshops am Nachmittag ist eine tatkräftige Unterstützung von mindestens sechs Teamenden in der Leitung notwendig. Am besten eignet sich das Spiel draußen oder im freien Gelände. Eine Nutzung in Räumlichkeiten ist aber auch nicht ausgeschlossen. Der erste Teil kann ergänzend mit der App ActionBound gespielt werden, ist aber nicht zwingend notwendig. Für den ActionBound „PlanspielFlucht“ benötigen die Konfis Internet sowie pro Gruppe ein Mobilgerät mit der App und erhalten dann medial aufbereitete Hintergrundinformationen.
Teil 1: Das Planspiel
Vorbereitung und Ablauf
Im ersten Teil spielen alle Teilnehmenden gemeinsam auf einem großen Gelände. Das Planspiel beginnt am besten in einem großen Raum oder Zelt, in dem an verschiedenen Stellen die Länderinformationen verteilt liegen. Nach und nach dehnt es sich dann auf sechs weitere Stationen aus, die sich auf das Gelände verteilen. Zunächst bilden die Konfis Kleingruppen und bekommen jeweils ein Fluchttagebuch mit einer Identität und ein bisschen Startkapital an Münzen. Die Identitäten stammen aus verschiedenen Ländern mit ganz unterschiedlichen Startbedingungen. Im ersten Schritt suchen die Gruppen daher ihre Länder auf und informieren sich über ihre SItuation. Sie reflektieren im Fluchttagebuch, weshalb sie ihr Land verlassen müssen, und planen eine Fluchtroute. Dann ziehen sie los, suchen verschiedene Stationen auf und versuchen ihr Ziel zu erreichen.
Stationen & Material
Die Stationen werden jeweils von Teamenden betreut. Sie umfassen ein Ausreiseamt (was zwar gerne Geld nimmt, aber niemals ein Visum erteilt), die Fluchthelfer:innen (die Rat für Bares geben), die Schmuggler:innen (die zu Fuß ins nächste Land lotsen), die LKW-Fahrer:innen (die schneller, aber auch teurer und gefährlicher unterwegs sind) sowie zum Schluss die Schlepper:innen (die mit einem wackligen Boot das Meer überqueren möchten). Wenn auf dem Weg einmal das Geld ausgeht, können sich die Gruppen zu jeder Zeit an der Geld-Arbeite-Station mühselig neues erarbeiten.
Die Konfis durchlaufen die Stationen wie es ihnen passt. Wenn ihnen die Flucht in ein anderes Land gelingt, erhalten sie einen Länderstempel, welchen sie als Beweis in ihr Fluchttagebuch kleben.
Ende des Spiels
Das Spiel endet in der Regel nicht damit, dass die Spielenden ihr Zielland erreichen. Dafür ist die Flucht viel zu langwierig mit immer neuen Problemen und Herausforderungen. Wenn die Zeit reif ist, werden alle Gruppen von den Teamenden an den Stationen in den Anfangsraum geschickt, mit der Ankündigung, dass dort ein:r Reporter:in auf sie warte. Sie bekommen fünf Minuten Zeit, um in ihren Kleingruppen die Reflexionsfragen im Fluchttagebuch zu beantworten. Dann kommt der oder die Reporter:in mit einem Mikrophon, zieht durch die Gruppen und stellt ihnen verschiedene Fragen zu ihrer Ausgangssituation und ihren Erlebnissen auf der Flucht. Er oder sie bedankt sich und entlässt die Konfis in die Mittagspause. Ausführlicher ausgewertet wird das Planspiel erst zu Beginn des zweiten Teils am Nachmittag. Die Konfis fallen aus ihren Rollen und tauschen sich darüber aus, wie es ihnen im Spiel erging und welche Gefühle das bei ihnen ausgelöst hat. In den folgenden Aktionsworkshops werden sie dann ganz konkret für bessere Bedingungen aktiv.
Teil 2: Aktionsworkshops
Zivile Seenotrettung
Immer wieder kentern Boote mit Geflüchteten im Mittelmeer. Verschiedene Organisationen fahren darum mit Schiffen im Meer herum und retten die Menschen vor dem Ertrinken. Auch die Evangelische Kirche hat mit Spenden so ein Schiff finanziert. Das sorgte für kontroverse Diskussionen. Im Workshop „Zivile Seenotrettung“ erfahren Konfis mehr über die Rettung Schiffsbrüchiger und bauen eigene Rettungsschiffe. Diese werden schließlich ausgestellt, um Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken.
Gründe für Flucht
Im Planspiel haben die Konfis gesehen: es gibt viele verschiedene Ursachen und Gründe, weswegen Menschen aus ihrem Land fliehen. Einige werden beispielsweise zu Unrecht verfolgt und gefangen genommen. Die Organisation Amnesty International beobachtet solche Fälle und wird dabei von Menschen aus der ganzen Welt unterstützt. Auch Konfis können mithelfen, Menschen die aktuell in Not sind, zu befreien. Im Workshop „Gründe für Flucht“ erfahren sie mehr über Verfolgung und schreiben Briefe an Behörden, um in einem bestimmten Fall zu Gerechtigkeit beizutragen.
Niemanden zurücklassen
Auf der einen Seite die Einheimischen, auf der anderen die Fremden? So einfach ist es nicht. Tatsächlich haben die meisten Menschen Migrierende unter ihren Vorfahren. Und überhaupt kennen doch eigentlich alle das Gefühl, sich irgendwann irgendwo einmal fremd zu fühlen. Im Workshop „Niemanden zurücklassen“ geht es um die eigenen Erfahrungen der Konfis und ihr direktes Umfeld. Wie können Orte der Geborgenheit geschaffen werden, in denen sich keiner fremd fühlt? Mit einem bemalten Mundschutz können die Konfis sich schließlich dafür stark machen, dass niemand zurückgelassen wird (#LeaveNoOneBehind, #MundAufTrotzMundschutz).
Downloads
Das Planspiel wurde von Joline Marmé, Miriam Meir, Miriam Zubke und Sabrina Zubke entwickelt und von den KonfiCamps Wittenberg herausgegeben. Die Grafik gestaltete Katharina Scherer. Das Spiel darf sehr gerne als OER verwendet werden. Bei Anmerkungen oder Interesse an den gestaltbaren Originalen freuen wir uns über eine Nachricht.
Material zum Planspiel ohne die App Actionbound
Wenn das Fluchttagebuch beidseitig und an der kurzen Kante gespiegelt gedruckt wird, können die Blätter direkt in der Mitte gefaltet werden und ergeben so das Buch in richtiger Reihenfolge. Bei Rückfragen gerne schreiben.
Material mit Integration des ActionBounds “Planspiel Flucht”
Die Spielanleitung sowie die StationenInfos bleiben gleich.
Aktionsworkshops
Lizenz
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Weitere Beiträge zum Globalen Lernen mit digitalen Medien in der Konfi-Arbeit finden sich im Blog der Projektstelle „Konfis und die Eine Welt“.