Diskurs

Konfis im Gemeindekirchenrat

Planspiel mit der Initiative „Churches for Future”
Konfis im Kirchspiel Dobien. Foto von Miriam Meir.

Zwischen der Gemeinde und den Konfirmand:innen kann es manchmal auch zu Spannungen kommen: Auf der einen Seite die Langeweile der Konfis in den klassischen Angeboten, auf der anderen Seite Unmut über das Desinteresse der Jugend. Aber was würde passieren, wenn plötzlich die Konfis das Sagen hätten? Im Kirchspiel Dobien waren die Strukturen in Gemeinde und Kirche das Thema des letzten Konfi-Tages. Da bildete das Planspiel „Jugend und Kirchgemeinde“ von Jugendreferent G. Schlotterbek im Rahmen des Evangelischen Jugendwerks (ejw) eine hervorragende Grundlage, den Gemeindekirchenrat (GKR) und seine Aufgaben von innen her kennenzulernen. Da das Planspiel im Original schon etwas in die Jahre gekommen ist, habe ich es etwas überarbeitet und die Initiative „Churches for Future“ im Zusammenspiel ergänzt. Was dabei herauskam und das Material zum Anpassen im Download gibt es in diesem Beitrag sowie im Materialpool Jugendarbeit.online.

Anpassung des Planspiels „Jugend und Kirchgemeinde“

Obwohl das von G. Schlotterbek in Ravensburg entwickelte Planspiel „Jugend und Kirchgemeinde“ schon über 20 Jahre alt ist, scheinen das Szenario und die Rollenbeschreibungen kaum an Aktualität verloren zu haben. Ausgangspunkt des Spiels bildet eine Erbschaft, welche ohne nähere Angaben für die Jugend der Gemeinde bestimmt ist. In einer öffentlichen Sitzung soll der GKR darum über deren Verwendung entscheiden. Dabei gibt es sowohl progressive als auch konservative Stimmen, welche sich unter dem Wohl der Jugend nicht unbedingt Dasselbe vorstellen. Das Planspiel beginnt mit der Vorbereitung der GKR-Sitzung. Die Konfis bekommen in Kleingruppen Rollen zugeteilt und schreiben sich Briefe, um ihre Interessen zu verhandeln und Anträge zu formulieren. Im zweiten Teil des Spiels finden sie sich zur Sitzung zusammen und versuchen tragfähige Beschlüsse zu finden.

Konfis schreiben Briefe und verhandeln im Vorfeld des GKRs.

Die Grundzüge des Spiels sowie große Teile der Rollenzuschreibungen habe ich in der Überarbeitung so übernommen, aber den aktuellen Umständen hin angepasst. So wird der Geldbetrag nicht mehr in DM, sondern in € vererbt und anstelle des mobilen CD-Players wünscht sich der Jugendleiter eine moderne Soundanlage. Auch schien der Wunsch der Jugendgruppe nach einem Konzert ihres Lieblingsstars in der Kirchgemeinde heute zumindest in Mitteldeutschland nicht mehr ganz so lebensnah. Stattdessen fordern sie nun eine gemeinsame Jugendreise, ein Wunsch, der tatsächlich so oder so ähnlich schon aufkam. Darüber hinaus hat das Thema Nachhaltigkeit auf Gemeindeebene in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen, weswegen die Initiative „Churches for Future“ in das Spiel miteinbezogen wurde.

Anders als im Original vorgesehen, haben wir vor Ort das Spiel etwas gekürzt und die Verhandlungstreffen im Vorfeld der GKR-Sitzung weggelassen. Den Konfi-Gruppen stärkten drei Erwachsene beratend den Rücken. Während die Rollen der Pfarrerin, der Jugendgruppe, der konservativen und der progressiven GKR-Fraktion für ein funktionierendes Spiel zwingend notwendig sind, können bei einer kleineren Konfi-Gruppe die Rollen des Jugendleiters, der Initiative „Churches for Future“ oder des ejw auch teilweise weggelassen werden.

Einbeziehung der Initiative „Churches for Future”

Nachdem Schüler:innen weltweit anfingen, freitags für Klimagerechtigkeit auf die Straßen zu gehen, schlossen sich nach einiger Zeit auch kirchliche Akteure der Bewegung an. Auf dem Netzwerktreffen des Ökumenischen Netzwerks Klimagerechtigkeit im April 2019 riefen sie „Churches for Future“ ins Leben und organisierten sich auf verschiedenen Ebenen. Im Planspiel handelt es sich bei der Initiative um eine kleine Gruppe an jungen und älteren Ehrenamtlichen, die sich für Klimaschutz und Umweltbildung in ihrer Gemeinde stark machen. Obwohl es ein Engagement in dieser Form in der Gemeinde zwar (noch) nicht gibt, leuchtete die Idee den Konfis sofort ein und es fiel ihnen leicht, diese Interessen mit zu berücksichtigen. Besonders spannend war dabei, dass sich sowohl die progressiven als auch die konservativen GKR-Mitglieder ganz selbstverständlich mit dem Wunsch nach Nachhaltigkeit identifizieren konnten und ihre Argumentationen dahingehend ausrichteten. Auch die Jugendgruppe, welche ursprünglich eine Reise nach Mallorca plante, konnte sich nach einer Intervention der Initiative „Churches for Future“ ebenso gut mit einer Fahrt an die Ostsee anfreunden.

Ergebnisse und Auswertung

Konfis sammeln Ideen für den GKR.

Insgesamt schien das Planspiel den Konfis großen Spaß gemacht zu haben. Insbesondere die Phase des Briefeschreibens und Ideenverhandelns hätte gut auch länger als die geplanten 90 Minuten dauern können. Die Vorschläge aus den Rollenbeschreibungen nahmen die Gruppen als Impulse an, entwickelten jedoch schnell auch ihre eigenen Ideen für die Verwendung des Geldes – angefangen beim Bau eines Kamins zur Reduzierung der Heizkosten und dem Einspannen der Jugendlichen im Rahmen von Holzhackworkshops (ein Beitrag der konservativen GKR-Mitglieder), bis hin zur Anschaffung einer Alpakaherde für das Gemeindegelände (ein Einfall des ehrenamtlichen Jugendleiters). Weniger erfreulich hingegen schien dann die Sitzung selbst. Anträge ohne Absender:innen wurden von der Gruppe der Pfarrerin kategorisch abgelehnt und die Tagesordnung sehr strikt eingehalten. Während die Reise an die Ostsee so tatsächlich durchkam, konnte der Kauf neuer Lutherbibeln für die Jugendarbeit nicht mehr diskutiert werden. Andere Anträge wurden vertagt. Hier hätten sich die Konfis in der Auswertung ein lockereres und inklusiveres Vorgehen gewünscht.

Konfis in der GKR Sitzung.

Auf die Frage hin, was sie nun denn tatsächlich im echten Leben gerne als Antrag einbringen würden, hielten sie an der Jugendreise an die Ostsee fest. Vielleicht wird ja irgendwann tatsächlich noch etwas daraus. Ich drücke die Daumen. Auf jeden Fall blieb nach diesem Tag hängen: was es in einer Gemeinde gibt oder nicht gibt ist keineswegs gesetzt. Es wird so entschieden und auch Konfirmand:innen und Jugendliche können sich bei diesen Entscheidungen einbringen und so die Kirche mitgestalten.

Download des Materials

Da sich das Planspiel mit Strukturen in Kirchgemeinden auseinandersetzt, variieren die Begrifflichkeiten teilweise stark. Während es hier der Gemeindekirchenrat ist, sind es andernorts die Kirchenältesten oder der Kirchgemeinderat. Vom ejw habe ich die Erlaubnis bekommen das Planspiel „Jugend und Kirchgemeinde“ von G. Schlotterbek weiterentwickelt zu veröffentlichen. Die überarbeiteten Situations- und Rollenbeschreibungen finden sich im Materialpool Jugendarbeit.online und können hier im World-Dokument heruntergeladen und sehr gerne noch einmal individuell angepasst werden.

Weitere Planspiele zum Globalen Lernen für die Konfi-Arbeit

Insbesondere im Rahmen der KonfiCamps in Wittenberg wurden bereits verschiedene Planspiele entwickelt und erprobt und stehen mehrheitlich als OER online zur Verfügung. Im Jahr 2019 widmeten sich Konfis im Planspiel FairKleidung dem Thema Unternehmensverantwortung im Textilhandel. 2020 mussten die Camps leider coronabedingt ausfallen, doch das Planspiel „Eine Schule für Dingenskirchen“ zum interreligiösen Dialog wurde in der KU Praxis 2021 veröffentlicht. Im Jahr 2021 war das Planspiel Flucht ein Bestandteil des wöchentlichen Global Days und im Jahr 2022 bereiteten sich die Konfis in „Fairreros Schokoüberraschung“ auf eine weltweite Tischgemeinschaft vor.

Weitere Beiträge zum Globalen Lernen mit digitalen Medien in der Konfi-Arbeit finden sich im Blog der Projektstelle „Konfis und die Eine Welt“.

Miriam Meir

Studienleiterin der Projektstelle "Konfis und die Eine Welt" (2019-2023)
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Konfis Global

In diesem Blog berichte ich zu Globalem Lernen in der Konfi-Arbeit und gebe Anregungen zur Nutzung digitaler Medien.

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