Diskurs

Zwischen Hyperinflation, Empanadas und Fußballbegeisterung – Interkulturelle Projektwoche zu den UN-Nachhaltigkeitszielen am Paul – Gerhard – Gymnasium in Gräfenhainichen

Bild: Franziska Ilse-Shams

Das Paul-Gerhard-Gymnasium in Gräfenhainichen veranstaltet seit vielen Jahren eine interkulturelle Projektwoche mit entwicklungspolitischem Schwerpunkt. Dieses Jahr durfte die Junge Akademie mit Natalia Arcodia einen mehrtägigen Workshop über Argentinien beisteuern.

Unsere aktuelle Nord-Süd-Freiwillige führte am ersten Tag in die Geografie und Biodiversität ihres Heimatlandes ein. Die Schüler erhielten ebenso einen Überblick über die wechselvolle Geschichte des Landes und lernten die zahlreichen Verflechtungen nicht nur nach Italien und Spanien, sondern eben auch nach Deutschland kennen. Immerhin 2 Millionen der 46 Millionen Argentinier (Stand 2024) haben deutsche Vorfahren. Bevor die Schüler am zweiten Tag das landestypische Gericht „Empanadas“ in der Schulküche backen durften, standen die UN-Nachhaltigkeitszielen auf dem Programm: die argentinische Referentin berichtete über die hohe Armutsquote von 57,4% im ersten Quartal 2024 aufgrund der Auswirkungen der vorherrschenden Hyperinflation in Argentinien und welche Maßnahmen ergriffen werden sollten, um allen Argentinier*innen ein Leben in Würde zu ermöglichen. Die Schüler stellten zahlreiche Fragen zum Alltagsleben von jungen Menschen, wenn man nicht weiß, was morgen kommt. UN-Nachhaltigkeitsziel Nr. 5 „Geschlechtergerechtigkeit“ stellte einen weiteren Schwerpunkt des Workshops dar: im Jahr 2023 wurden 322 Opfer von Femiziden in Argentinien gezählt. Das bedeutet, dass es fast ein Opfer pro Tag gab. Zum Vergleich: in Deutschland wurden imselben Zeitraum etwa jeden dritten Tag ein Femizid verübt. Natalia Arcodia berichtete von den zahlreichen Demonstrationen gegen diese geschlechtsspezifische Form von Gewalt gegen Frauen und Mädchen und berichtete über die Ziele der argentinischen Protestbewegung „Ni Una Menos“ (spanisch für „nicht eine weniger“).

Bilder: Franziska Ilse-Shams

Den Höhepunkt der Projektwoche stellte am Donnerstag die Präsentation aller Projektländer in Form eines von den Schülern eigenständig entwickelten Theaterstücks dar. Neben der Projektgruppe zu Argentinien gab es noch drei weitere Schülergruppen, die sich von Experten begleitet, mit den Ländern Vietnam, Togo und Senegal befassten.

Bild: Franziska Ilse-Shams

Unter dem Eindruck der EURO 2024 hatte sich die Argentinien-Gruppe auch für die Darstellung einer Reise von deutschen Fußballfans nach Argentinien entschieden. Die Reise führte sie zuerst nach Buenos Aires, wo sie Zeugen einer Demonstration für Frauenrechte und gegen Hyperinflation wurde. Weitere Stationen waren die Pampa, einer der am intensivsten genutzten Landwirtschaftsräume Südamerikas, und die Weinanbau-Region Cuyo. Bei einem Gespräch mit einem Bauern in der argentinischen Pampa wurde die Problematik der exzessiven Nutzung von Glyphosat in der argentinischen Landwirtschaft dargestellt. Die szenische Darstellung endete mit einer Fußball-Partie Deutschland gegen Argentinien: in der Aula des Paul – Gerhard – Gymnasiums ertönte die argentinische Fußball-Hymne „Muchachos, ahora nos volvimos a ilusionar“ und die deutschen Fußballfans sangen inbrünstig mit.

Bei der Gruppe Vietnam lernte eine Freundesgruppe das Land kennen. Ein besonderer Schwerpunkt war die Thematisierung von Windrädern als Entwicklungsschwerpunkt. Die Gruppe Senegal stellte in Form eines Traumes die verschiedenen Orte des Landes dar. Solche „geträumten“ Orte waren der Flughafen, ein traditionelles Dorf, die Hauptstadt Dakar und ein ländliches Haus. In einer lebendigen Präsentation stellte eine Schulpartnerschaft zu einer deutschen Schule einen Entwicklungsschwerpunkt dar. Einige Touristen aus Deutschland besuchten Togo. Das Ziel war ein kleines Dorf mit spezifischen Traditionen und Kulturen. Auf dem Weg mit dem Jeep wurden Orte wie Savannenlandschaften oder Wasserfälle besucht. Bei dem Entwicklungsprojekt ging es um Bildung in der Schule.

Weiterführende Links:

Informationen über die argentinischem Frauenrechtsbewegung „Ni una menos“

Spannende Lektüre über deutsch-argentinische Geschichte:

Hannes Bahrmann „Rattennest“ Erschienen 2021 bei Ch.Links Verlag Berlin.

Die Projektwoche wurde ermöglicht durch die Förderung durch die Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt sowie durch die Förderung von Engagement Global.

Bis zum März 2025 steht Natalia Arcodia als Referentin an der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt e.V. zur Verfügung. Bei Interesse an einem Workshop, einer Info-Veranstaltung o.ä. nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.

Franziska Ilse-Shams

Eine-Welt-Regionalpromotor*in für Anhalt-Bitterfeld, Dessau, Wittenberg und Nördlicher Saalekreis
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