Diskurs

BRIEFE Heft 153, 4|2024

Themenseiten – Aus dem Arbeitskreis Naturwissenschaft und Spiritualität
Titelbild: © Christian Melms

Liebe Leserinnen und Leser,

sicher begegnen auch Ihnen diverse „KI-Anwendungen“ im Alltag, zum Beispiel am PC oder im öffentlichen Nahverkehr, beim Telefonieren mit einer Service-Hotline, oder anderswo. Magdalene Schönhoff, Mitglied im Arbeitskreis Naturwissenschaft und Spiritualität, berichtete bei der Tagung „Zauberlehrling Künstliche Intelligenz – Herausforderungen für das Mensch sein“ sehr eindrücklich von einer verstörenden Begegnung mit einem Segensroboter. 

Die Nationale KI-Strategie des Bundes verfolgt unter anderem folgendes Ziel: Deutschland soll zum attraktiven Standort für die klügsten KI-Köpfe der Welt werden. Dieser Weg scheint noch lang zu sein. Doch was sind eigentlich die Ziele der boomenden KI-Branche? Wer gewinnt bei dieser rasanten Entwicklung? Wo liegen die Risiken für wen? In den Themenseiten finden Sie aufschlussreiche Beiträge, die während der o. g. Tagung vorgestellt und diskutiert worden sind.

In den weißen Seiten finden Sie einen Zwischenbericht zum Klimaschutz der EKBO, eine Initiative für einen neuen Umgang mit Landeigentum sowie Veranstaltungshinweise im kommenden Halbjahr – verbunden schon jetzt mit einer herzlichen Einladung. 

An dieser Stelle informiere ich Sie, dass unsere Mitherausgeberin, die Referentin für Umwelt und den Kirchlichen Entwicklungsdienst der EKM, Kathrin Natho, ab Januar eine neue Stelle antritt. Ich wünsche ihr von Herzen viel Freude und Erfolg im neuen Job. Zu wünschen ist auch, dass die Stelle in vollem Umfang wiederbesetzt wird.  

Ihnen wünsche ich eine friedvolle Advents- und Weihnachtszeit! 

„Genau wegen Stress, Angst, Verzweiflung, Wut und Trauer und Sorgen, die uns plagen, brauchen wir sie und ihr göttliches Licht der Hoffnung, des Friedens und des Trostes.“ (Anja Richber)

Ihre Siegrun Höhne

Geistliches Wort

Wir sagen Euch an …

von Wolfgang Bönig

Wir sagen Euch an …

Wir sagen Euch an den lieben Advent.
Sehet, die erste Hütte brennt!
Wir sagen Euch an Elend, Krieg, Terror, Leid.
Wisset, die Menschheit wird nicht gescheit!
Schaut doch, Ihr Christen, schauet doch hin!
Seht in dem Wahnsinn Ihr einen Sinn?

Wir sagen Euch an den lieben Advent.
Sehet, dass Hunger und Not Ihr erkennt!
Wir sagen Euch an viel Unrecht im Land,
das viel zu häufig wird nicht gebannt.
Schaut doch, Ihr Christen, schauet doch her!
Ist Gerechtigkeit wirklich zu schwer?

Wir sagen Euch an den lieben Advent.
Sehet, Mann, Frau und auch das Kind rennt!
Wir sagen Euch an Furcht, Angst und die Flucht –
sichere Bleibe vielfach gesucht.
Schaut doch, Ihr Christen, schauet, wie’s ist!
„Hilfe den Menschen!“, sagt unser Herr Christ.

Wir sagen Euch an den lieben Advent.
Sehet, die Erde ist bald am End‘!
In Nord und in Süd, in Ost und in West
geben ihr Gift, Müll und Klima den Rest.
Schaut doch, Ihr Christen, versteht Ihr denn nicht?
Bewahrung der Schöpfung ist des Christenmensch‘ Pflicht.

Wir sagen Euch an die Heilige Nacht.
Hat sie nicht Frieden Euch gebracht?
Wir sagen Euch an eine Heilige Zeit.
Seid aber Ihr zum Frieden bereit?

Selbstsucht und Machtgier, Mammon – wohl kaum
bleibt hier für Nächstenliebe noch Raum!

Wir sagen Euch an viel Hoffnung und Trost.
Jesus sei Dank, nicht nur Kälte und Frost
herrschen auf Erden. Es gibt nicht nur Schmerz.
Viele Christen offenbaren ihr Herz.
Schaut doch, sie strecken die Hände entgegen!
Die Liebe obsiegt, traut Ihr auf des Herrn Segen.

Aus: Pfarrbriefservice.de

aus den kirchen

Wanderausstellung Bedrohte Schöpfung
Auftakt auf der Huysburg 

von Maria Lang

Klimaerwärmung, Austrocknung der Moore, Nachteile der kommerziellen Land- und Forstwirtschaft, versiegelte Flächen – seit einigen Jahren kommt man an diesen Themen nicht mehr vorbei. Viele sind ob der gefühlten Überladung vielleicht schon genervt von der ganzen Thematik, der man auf so vielen Wegen im Alltag, meist belehrend, begegnet. Nichtsdestotrotz haben sich Klaus Kronke, Thomas Grundner und Jörg Hoffmann dieses Themas angenommen.  Ihre Ausstellung „Bedrohte Schöpfung. Unser Planet – unsere Zukunft“ nahm ihren Anfang 2019.  „Damals hatte die Bewegung Fridays for Future begonnen und wir haben unsere Kirche in Bad Doberan für die Jugendlichen geöffnet“, berichtet Pfarrer Klaus Kronke rückblickend. Mit der Zeit seien aber immer weniger Leute zu den freitags stattfindenden Klimagottesdiensten gekommen, so dass man überlegt habe, wie man das Thema anders aufgreifen und aufarbeiten könne.  Hier kommt Thomas Grundner ins Spiel. Der Fotograf hat über Jahrzehnte die schönen Seiten seiner Heimat Mecklenburg-Vorpommern festgehalten – „und da hab ich ihn gefragt, ob er nicht auch mal die anderen Seiten fotografieren kann“, so Kronke.  Mit dem fachlichen Wissen des promovierten Biologen Jörg Hoffmann, dem Dritten im Bunde, und von Grundner, der auch Wasserwirtschaftler ist, sei so die Ausstellungsidee der Gegenüberstellung entstanden. „Wir haben zehn Schautafeln, die auf der einen Seite das Negative, Problembehaftete zeigen und so die Missstände deutlich machen“, erklärt Thomas Grundner.  „Wir wollen aber eben nicht nur kritisieren und darstellen, wie schlimm die Lage ist, sondern auch, wie einfach eine Veränderung sein könnte, und Lösungen anbieten“, ergänzt Klaus Kronke – der außerdem betont, dass sich die Kritik nicht gegen die Bauern, sondern gegen die Rahmenbedingungen wende, die verbessert werden müssten.

Auch wenn die Ausstellung und ihre Bilder aus Mecklenburg-Vorpommern stammen, ließen sich die Probleme auf ganz Deutschland übertragen – weshalb sie mit den Tafeln nun auch größere Kreise ziehen wollen. „Erstmals war die Ausstellung im Herbst 2021 in Bad Doberan zu sehen, seitdem ziehen wir damit durch ganz Mecklenburg-Vorpommern und waren auch schon in Hamburg“, berichtet Klaus Kronke. Als Ausstellungsorte habe man stets Kirchen gewählt, um möglichst viele Leute zu erreichen. „Viele waren sicher da, um die Kirchen zu besuchen, aber die meisten sind dann auch bei unseren LED-Tafeln stehengeblieben“, so der 72-Jährige. „Alle wissen um das Problem – aber keiner macht so richtig etwas. Wir wollen mit der Ausstellung erreichen, dass die Verantwortlichen reagieren.“ „Und natürlich möglichst viele Menschen erreichen, sensibilisieren und aufklären“, ergänzt Grundner. „Es besteht dringender Handlungsbedarf und wir müssen unseren Lebensstil hinterfragen.“

Ein lesenswerter Katalog mit zahlreichen Fachbeiträgen namhafter Wissenschaftler und vielfältigen Informationen ist ebenfalls erhältlich.  

Anm. der Redaktion:
Die Ausstellung war im Oktober und November – zum ersten Mal in Sachsen-Anhalt – im Romanischen Saal der Huysburg zu sehen. Im Dezember und Januar ist sie im Kloster Marienstern in Mühlberg an der Elbe. Anschließend wandert sie in das Martin-Niemöller-Haus in Jena Lobeda (Passionszeit). Weiter geht es zur Bonifatiuskirche in Vattenrode bei Mansfeld (Mai/ Juni) und in die evangelische Akademie Sachsen-Anhalt nach Wittenberg (August bis Anfang Oktober). Weitere Stationen sind noch offen. Wenn Sie Interesse  haben, die Ausstellung in Ihrer Kirche zu zeigen, melden Sie sich bitte bei der Redaktion.

Evaluierung der Umwelt- und Klimaschutzarbeit in der EKBO veröffentlicht
Umweltbüro-Newsletter November 2024

Drei Jahre nach Einführung des Klimaschutzgesetzes der EKBO wurde zur diesjährigen Herbstsitzung der Landessynode eine Evaluierung der Umwelt- und Klimaschutzarbeit der Landeskirche vorlegt. Anhand des Evaluierungsberichtes wird sichtbar, was in den letzten drei Jahren im Umwelt- und Klimaschutz gemeinsam geschafft werden konnte – und was nicht geklappt hat. Während Umwelt- und Klimaschutz in der öffentlichen Wahrnehmung deutlich an Relevanz verloren haben, kann die EKBO konkret zeigen, dass der Weg zu mehr Schöpfungsbewahrung gemeinsam weiter fortgesetzt wird, denn auch die Kirche hat die Aufgabe, wie jede und jeder andere auch, Treibhausgasemissionen zu reduzieren.

Das im Jahr 2021 in Kraft gesetzte Klimaschutzgesetz führte in seiner Breite dazu, dass energetische Maßnahmen im Gebäudebereich von der Zielsetzung, über Sanierungsstandards und die Finanzierung bis hin zur Umsetzung handhabbar gemacht, transparent geregelt und fachlich begleitet werden können.

Nachdem zu Beginn oftmals Zuständigkeiten und Abläufe zur Diskussion standen, gibt es mittlerweile diesbezüglich klarere Strukturen in den Verwaltungen und einen Aufwuchs der entsprechenden Kompetenz in den Kirchenkreisen. Mit Unterstützung der Landeskirche wurden strukturelle Änderungen in fast allen Kirchenkreisen angestoßen. So hat ein Großteil der Kirchenkreise seine Finanzsatzung bezüglich der Klimaschutzfonds angepasst, und in mittlerweile 20 von 25 Kirchenkreisen gibt es Klimaschutzbeauftragte als AnsprechpartnerInnen vor Ort, die die Prozesse koordinieren. Alle Kirchlichen Verwaltungsämter nutzen das Grüne Datenkonto. Es sind über 4.000 Gebäude eingetragen und die Datenqualität nimmt deutlich zu.

Über 80 % der insgesamt rund 950 Kirchengemeinden der EKBO beziehen ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien. Die gebäudebedingten Treibhausgasemissionen aus Strom und Wärme lagen in der gesamten Landeskirche im Jahr 2022 bei 14.332 Tonnen, im Jahr 2023 beliefen sie sich nur noch auf 13.887 Tonnen. Damit lässt sich erstmalig ein Rückgang der Emissionen feststellen. Dieser liegt aber noch deutlich unter dem gesetzlich festgelegten Reduktionsziel für 2045. Insgesamt steigt die Bereitschaft in den Kirchenkreisen und -gemeinden deutlich, sich mit dem Themenfeld auseinanderzusetzen. Zum einen liegt das an den sich verschärfenden gesetzlichen Vorgaben und wirtschaftlichen Gründen sowie der wachsenden Überzeugung, dass ein nachhaltiges Wirtschaften essentiell ist.

Pro Tonne CO2 verfügt das Kirchengesetz eine Klimaschutzabgabe in Höhe von 125 Euro, die jeweils in einen kreiskirchlichen Klimaschutzfonds einzuzahlen ist. Aus diesem werden Mittel ausgereicht, um energetische (bauliche) Maßnahmen zu fördern und damit die Treibhausgasemissionen im kirchlichen Betrieb weiter zu reduzieren. Insgesamt rund 3,5 Millionen Euro stehen den Kirchengemeinden dafür nun zur Verfügung.

Die Weiterarbeit am Klimaschutzgesetz nach § 10 Absatz 2 in den Bereichen Beschaffung, Mobilität und Land- und Forstwirtschaft zeichnet sich durch eine große Kleinteiligkeit aus. Hinsichtlich einer umfassenden Evaluierung der klimarelevanten Maßnahmen im Bereich Mobilität, Beschaffung und Land- und Forstwirtschaft ist im Klimaschutzgesetz der EKBO keine Erhebung von Emissionen aus diesen Bereichen vorgesehen. Zwar gibt es hier Bemühungen insbesondere der EKD und insbesondere für den Bereich Mobilität, für die Gliedkirchen ein Erfassungs- und Bilanzierungsmodell zu erarbeiten. Eine handhabbare Lösung ist jedoch nicht in Aussicht.

Im Bereich Beschaffung sind in erster Linie Änderungen der Alltagsroutinen notwendig. Dies benötigt oftmals zahlreiche Anläufe und Motivationen, was in den kirchlichen Einrichtungen immer wieder neue Anstrengungen und Aufwendungen mit sich bringt. Bewährt hat sich besonders im Bereich Beschaffung vor allem in Kirchengemeinden und Kirchenkreisen die gute Zusammenarbeit mit dem Kirchlichen Entwicklungsdienst und dem Siegel „Faire Gemeinde“ als niedrigschwelliges Motivations- und Zertifizierungsprogramm zur Schöpfungsbewahrung und Klimagerechtigkeit gleichermaßen.

Im Bereich Mobilität wurde und wird im Vergleich zu den anderen Bereichen an auffällig vielen verschiedenen Maßnahmen gearbeitet. Sie sind Folge der Diversität der Mobilitätssituation der kirchlichen Mitarbeitenden hinsichtlich der genutzten Verkehrsmittel, der Aufgabenbereiche, der privaten Situation und der unterschiedlichen Situationen in städtischen und ländlichen Räumen. Insofern gibt es im Bereich Mobilität keine „Generallösung“, wie es sich im Gebäudebereich anbietet. Als erste grundlegende Maßnahme wurde das Reisekostenrecht der EKBO überarbeitet mit dem Ziel, klimafreundliche Mobilität zu fördern. Der Evaluierungsbericht listet eine Reihe weiterer Maßnahmen im Bereich Mobilität auf, beispielsweise die Förderung des mobilen Arbeitens zur Vermeidung von nicht zwingend notwendiger Mobilität von hauptberuflich Mitarbeitenden oder die Durchführung eines Jobrad-Pilotprojektes in zwei Kirchenkreisen der EKBO mit dem Ziel der Prüfung einer flächendeckenden Einführung eines Jobrad-Angebots für alle hauptamtlich Mitarbeitenden der EKBO.

Im Bereich Landwirtschaft liegen große Potenziale für den Klima- und Umweltschutz in einem überarbeiteten Musterpachtvertrag, der die Anforderungen an eine schöpfungsbewahrende Landwirtschaft möglichst umfangreich abbildet sowie gleichzeitig der Diversität der Standorte und der landwirtschaftlichen Pachtbetriebe gerecht wird.

Klima- und Umweltschutz als Bildungsinhalt wurde mittlerweile auch vom Amt für kirchliche Dienste sowie vom Kirchlichen Entwicklungsdienst aufgegriffen und kompetent mitbetreut.

Immer wieder zeigte und zeigt sich die Notwendigkeit, die geplanten Maßnahmen zur Weiterarbeit am Klimaschutzgesetz mit der Situation in den Kirchenkreisen, Kirchengemeinden, Kirchlichen Verwaltungsämtern und anderen kirchlichen Stellen abzugleichen. Besonders fruchtbar hat sich eine gute und verbindliche Kommunikation während der oftmals notwendigen, langen Bearbeitungszeiten erwiesen. Die Rückmeldungen aus den verschiedenen Praxisbereichen waren und sind hilfreich für die Entwicklung von Maßnahmen. Insgesamt ist ein großes gegenseitiges Wohlwollen für die Themen des Umwelt- und Klimaschutzes im kirchlichen Alltag sowie die verschiedenen Perspektiven bei seiner Umsetzung festzustellen. Die bisherigen Erfahrungen und bereits erarbeitete Ergebnisse und Zwischenschritte sowie vor allem das wachsende Bewusstsein für die hohe Dringlichkeit des Umwelt- und Klimaschutzes im kirchlichen Alltag lassen Hoffnung schöpfen, dass wir auch die zukünftigen und eher größer werdenden Herausforderungen in unserer Landeskirche auf einer guten gemeinsamen Grundlage weiter voranbringen werden.

Den ersten Evaluierungsbericht finden Sie zum Downloaden unter:

https://umwelt.ekbo.de/fileadmin/sites/ekbo-umwelt/uploads/Evaluierung_KlschG.pdf

Aus der EU

Ein Erfolg für den Naturschutz
EU-Gerichtsurteil für artenreiches Grünland 

von Siegrun Höhne

Am 14. November sprach der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein beachtenswertes Urteil: Deutschland verstößt gegen EU-Recht, genauer gegen die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL). Diese verlangt, dass die EU-Mitgliedstaaten dafür sorgen müssen, dass sich der Zustand wertvoller Lebensräume in sogenannten Natura-2000-Gebieten nicht verschlechtert.

Im konkreten Fall handelt es sich um die Lebensraumtypen „Magere Flachland-Mähwiese“ und „Berg-Mähwiese“, für die es in Deutschland keine wirksamen Schutzmaßnahmen gäbe und die wegen Überdüngung und zu früher Mahd als Lebensraumtypen zu verschwinden drohten. Sie befänden sich in einem schlechten Erhaltungszustand. Damit hat die Bundesrepublik gegen EU-Verträge verstoßen.

Sollten nicht zeitnah wirksame Maßnahmen getroffen werden, um den Zustand der genannten Lebensraumtypen wieder verbessern, droht ein Bußgeld in sechsstelliger Höhe – täglich.

Geklagt hatte die EU-Kommission. Der Prozess wurde 2019 eröffnet. Hintergrund ist eine Beschwerde des Naturschutzbundes (NABU) bei der Kommission im Jahr 2014 (!). 

Die artenreichen Wiesen mit Wiesensalbei, Wiesenknopf und Ameisenbläuling entwickeln sich auf mageren Standorten, die selten gemäht werden. Überdüngung zur Futterproduktion und zeitige Mahd verändern den Lebensraum nachhaltig. 

Landwirte, Projekte und Initiativen, die solche Wiesen schützen und pflegen, haben mit diesem Urteil zusätzliche gute Argumente.

AllmendeLand
Gemeinsames Landeigentum zur Sicherung regionaler Subsistenz und Resilienz

von Heinz-Ulrich Eisner

Der Kampf um das Land

Landwirtschaftliche Fläche ist eine der unmittelbaren Lebensgrundlagen von uns allen. Lange Zeit war das Land im Wesentlichen in der Hand derjenigen, die es bearbeiteten und damit ihren Lebensunterhalt erwarben, wobei dieser Bevölkerungsanteil in den letzten Jahrhunderten permanent gesunken ist. In den letzten Jahren ist jedoch zunehmend zu beobachten, dass Land von branchenfremden Investoren aufgekauft wird, wodurch Land ein Investment wird, das hauptsächlich unter den Gesichtspunkt der Kapitalanlage und Renditeerzielung betrachtet wird. Dies ist auch Resultat einer gesamtwirtschaftlichen Situation, die durch voll entwickelte und oft gesättigte Märkte geprägt ist, bei denen die Rendite im produktiven Bereich generell sinkt; Land als nicht vermehrbare Ressource bietet hier eine höchstmögliche Sicherheit bei einer zwar geringen, aber langfristig sicheren Rendite und wird so als Investment zunehmend attraktiv.

Im globalen Süden führt diese Entwicklung häufig zu verheerenden Konsequenzen von Vertreibung und Zerstörung sozialer Subsistenzzusammenhänge; in Deutschland schlägt sich das bislang vornehmlich in zunehmendem Druck auf die Höfe nieder, entsprechende Renditen für die Landeigentümer zu erwirtschaften (konkret in höheren Pachtpreisen), die mit Ackerbau für die Versorgung der Bevölkerung, in Konkurrenz beispielsweise zu industrieller Maisproduktion für Biogasanlagen oder Freiflächenfotovoltaik, kaum zu erreichen sind. 

Das hier vorgestellte Allmendeland-Konzept zeigt eine Option auf, wie wir als Betroffene in diesem Umfeld eine sichere Versorgung mit qualitativ hochwertigen landwirtschaftlichen Erzeugnissen in einer fairen Kooperation mit den Bauern gestalten können.

Gesellschaftlicher Bedarf an Werttransport durch die Zeit

In einer Gesellschaft, in der der Zugang zu Gütern und Dienstleistungen ganz weitgehend über das individuell verfügbare Geld geregelt wird, besteht ein gesellschaftlicher Bedarf, in Zeiten, in denen ich leistungsfähig bin und gut Geld verdienen kann, Rücklagen zu bilden für Zeiten, in denen das nicht so leicht möglich ist; ganz wesentlich betrifft das den Bereich der Altersvorsorge. In Zeiten, in denen die staatliche umlagefinanzierte Alterssicherung zunehmend abgebaut wird verstärkt sich dieser Bedarf. Gleichzeitig sinkt das Vertrauen in die bisher zu diesem Zweck angebotenen Instrumente (Kapitallebensversicherungen etc.), bzw. werden diese auch zunehmend skeptisch betrachtet, haben diese doch einerseits ganz eigene Renditeinteressen und sind sie andererseits als zentrale Akteure im globalisierten Finanzmarkt auch Haupttriebkräfte beim Ruin dieses Planeten. 

Für viele Menschen stellt sich also die Frage nach einer „guten“, sprich ökologisch, sozial und ökonomisch vertretbaren Möglichkeit eines Werttransportes durch die Zeit. Die AllmendeLand eG & Co KGaA bietet hierzu eine Option an.

Bestehende Ansätze

Der Vorschlag, Land der spekulativen Verwertung der Märkte zu entziehen, wird seit Jahrhunderten immer wieder geäußert (Proudhon, Gesell, Steiner etc.). Die konkreten Umsetzungen der letzten Jahrzehnte beruhten im Wesentlichen auf Schenkgeld und geschahen in der Rechtsform von gemeinnützigen Vereinen, Stiftungen o. ä. Hierbei ergibt sich immer wieder die Schwierigkeit, Schenkgelder in ausreichendem Umfang einzuwerben. 

Es gibt neue Ansätze im Rahmen des Genossenschaftswesens (BioBoden e G, Kulturland eG), wobei die Anleger*innen geldwerte Forderungen erwerben (Genossenschaftsanteile).

Ein anderer Ansatz, ähnlicher dem im Folgenden Vorgestellten sind die Regionalwert AGs (z. B. Freiburg), die allerdings nicht nur Land erwerben, sondern auch in die Betriebe regionaler Erzeuger und Verarbeiter investieren. Da es sich um eine Aktiengesellschaft handelt, besteht für die Anleger in diesem Fall perspektivisch die Option, ihre Aktien im Falle von Liquiditätsbedarf wieder zu veräußern. Es geht also nicht um Schenkgeld, sondern um eine Wertaufbewahrung.

Das neue Konzept: die AllmendeLand eG & Co. KGaA

Rechtskonstruktion
Eine Kommanditgesellschaft ist eine relativ übliche Rechtskonstruktion, mit einem Komplementär, der als Vollhafter die Geschäftsführung innehat, und Kommanditisten, die als Kapitalgeber nur mit ihrer Einlage haften und entsprechend an den Erträgen beteiligt werden, aber keinen relevanten Einfluss auf die Geschäftsführung haben. Häufig fungiert als Komplementär eine GmbH, um auch für die Eigentümer des Komplementärs (Gesellschafter der GmbH) die Haftung zu begrenzen. 

Ganz ähnlich führt auch die eG als Komplementär zu einer Haftungsbegrenzung für die Beteiligten (in diesem Fall die Genoss*innen); sie zeitigt im Unterschied zur GmbH in den Binnenstrukturen eine demokratischere Ausgestaltung und wesentlich weniger aufwändige Ein- und Austrittsmöglichkeiten. 

Nach unserer Recherche ist das Allmendeland-Projekt mit der eG & Co KGaA, was die Rechtsform betrifft, bislang einzigartig.

Warum solch eine komplexe Rechtsform?

Vier Ziele sollen erreicht werden:

1. Land soll aus dem Marktgeschehen herausgekauft, langfristig gesichert und der Spekulation entzogen werden.
2. Für die Menschen, die hierfür Kapital zur Verfügung stellen, soll die Möglichkeit bestehen, ihre Anlage später wieder zu liquidieren.
3. Es soll organisatorisch einfach sein, es möglichst vielen Menschen zu ermöglichen, sich an dem Landerwerb zu beteiligen.
4. Die Entscheidungsgewalt über das Land soll nicht an die Kapitaleignerschaft gebunden sein, sondern gleichberechtigt bei den Menschen liegen, die existentiell – als Verbraucher oder Erzeuger – auf dieses Land angewiesen sind. (Wäre dieser Punkt nicht gewährleistet, wäre der Begriff Allmende meines Erachtens missbräuchlich verwandt.)

Häufig verwendete Rechtsformen wie die GbR und die GmbH kommen aus verschiedenen Gründen nicht in Betracht. Grundsätzlich erwägenswert bleiben die Rechtsformen der eingetragenen Genossenschaft und der Aktiengesellschaft:

eG: Die aus demokratischen Erwägungen naheliegende Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft birgt das Risiko, dass einer Genossenschaft durch Anteilskündigung das Eigenkapital entzogen werden kann. Das kann in krisenhaften Zeiten, wenn möglicherweise nicht nur einzelne, sondern viele Genossen gleichzeitig Anteile kündigen, die Genossenschaft zwingen ihr Eigentum zu veräußern, womit das Gegenteil der ursprünglichen Zielsetzung erreicht würde. Alternativ wäre es möglich, die Auszahlbarkeit der Anteile massiv zu begrenzen; dann würde jedoch Punkt 2 nicht verwirklicht.

AG: Demgegenüber kann Aktienkapital nur verkauft, nicht gekündigt werden. Normalerweise richten sich die Stimmrechte in einer AG nach den Anteilen, also dem Kapital der Anteilseigner. Dies widerspricht Punkt 4, und ermöglicht darüber hinaus, bei entsprechender Konzentration der Aktien in einer oder in wenigen Händen, maßgeblichen Einfluss von Großaktionären auf die Geschäftsführung, was beispielsweise eine Wiederveräußerung von Land mit dem Zweck einer Gewinnmaximierung ermöglichen könnte (Widerspruch zu Punkt 1). Zwar lässt sich der Einfluss von Großaktionären durch entsprechende Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag (vinkulierte Namensaktien, Stimmrechtsbeschränkungen) einschränken; ganz eliminieren lassen sich diese Risiken nicht. 

Die vorgeschlagene Rechtsform der eG & Co KGaA (im Folgenden Gesellschaft) ist quasi eine Kreuzung der beiden vorgenannten Rechtsformen, und vereint in positiver Weise die jeweiligen Vorteile und eliminiert ihre Nachteile:

Die Geschäftsführung der Gesellschaft liegt bei der Genossenschaft, die stark ideell gefärbte Ziele hat: Sicherung von Land vor Spekulation, Erhalt von bäuerlichen Betriebsstrukturen, Versorgung der Menschen mit hochwertigen Lebensmitteln aus regionaler Erzeugung, damit Erhalt regionaler Subsistenz, Erhalt bzw. Ausweitung von biologischer Erzeugung. Eine Genossenschaft muss qua Gesetz die wirtschaftlichen Belange ihrer Mitglieder verfolgen; da es sich um die Versorgung mit Lebensmitteln handelt, ist dies gegeben, auch wenn darüber hinaus Ziele verfolgt werden, die zwar nicht als gemeinnützig, aber sehr wohl als gemeinwohlorientiert zu bewerten sind. Eine Beteiligung an der Genossenschaft soll für alle Menschen möglich sein, die sich für die genannten Ziele einsetzen möchten, daher ist die Eintrittshürde des Pflichtanteils entsprechend niederschwellig bemessen (50 €). Da die Genossenschaft nur für ihre eigene Gründung Eigenkapital benötigt, hat sie auch keinen großen Kapitalbedarf. 

In der Kommanditgesellschaft können größere Mengen Kapital gesammelt werden, die den Anlegern durch die ausschließliche Investition in Land einen Werttransport mit einer vergleichsweise hohen Sicherheit ermöglichen, ihnen jedoch keine Macht über die Geschäftsführung der Gesellschaft einräumen. Durch die Stellung des Kommanditkapitals auf Aktien wird eine einfache und kleinteilige Wiederveräußerung für die Anleger ermöglicht. 

Hierfür wird die Gesellschaft eine entsprechende Plattform zur Verfügung stellen. Gleichzeitig können die Anleger jedoch keine Forderung gegenüber der Gesellschaft auf Rückzahlung stellen, was diese existentiell gefährden könnte, sondern es bleibt in der Verantwortung der Anleger, einen Käufer für ihre Anteile zu finden. Sowohl als Kommanditisten wie als Mitglieder des Komplementärs ist es ohne großen Aufwand (wie Notar- oder Eintragungsgebühren) möglich, viele Menschen zu beteiligen.

Wünschenswerte Nebeneffekte
Über die formale Interaktion zwischen der Gesellschaft als Landeigentümerin und den Landwirten als Pächtern hinaus besteht die Möglichkeit, dass sich zwischen den Mitgliedern der Gesellschaft und den Bauern weitere Beziehungen als Kunden und Erzeuger entwickeln, die von einer hohen Verbundenheit geprägt sind: das Wissen, dass jemand, den ich kenne, auf dem Land, das ich mit erworben habe, für mich und meine Familie die Lebensmittel anbaut, die wir brauchen, ermöglicht ein ganz anderes Lebensgefühl als ein Einkauf im Supermarkt. Für die Landwirte andererseits kann sich daraus eine Verbindung zu den Verbrauchern ergeben, die eine anonyme Vermarktung ersetzt durch eine persönliche Kundenbindung und damit auch Vermarktungsrisiken vermindert. Solche Nebeneffekte lassen sich nicht garantieren und werden sich neben den institutionellen Verbindungen abspielen. Die Gesellschaft kann solche Entwicklungen jedoch fördern.

Aspekte für Kommanditisten: Risiken und Renditen 
Ganz grundsätzlich ist jeder Versuch, Wert durch die Zeit zu transportieren, spekulativ, da Zukunft immer mit Unwägbarkeiten behaftet ist. Der Anleger hat hier immer Entscheidungen zu treffen, die auf Abwägungen zwischen verschiedenen Risiken und Wahrscheinlichkeiten beruhen. Auch eine Investition in Land kann in einem Totalverlust enden – wie Landeigentümer in der Nähe von Fukushima bei der Reaktorkatastrophe erfahren haben dürften. Auch irgendwelche Garantieverzinsungen unterliegen grundlegenden Systemrisiken wie z. B. des Werterhalts des Zahlungsmittels an sich, und der Weiterexistenz des Garantiegebers. Die Investition in Land als einen Sachwert, der daneben auch (im Unterschied zu Edelmetallen beispielsweise) einen konkreten existentiellen Nutzwert aufweist, lässt jedoch annehmen, dass dieser Sachwert auch langfristig in einem reellen Verhältnis zum jeweiligen aktuellen Zahlungsmittelwert stehen wird. Der Aktienwert der Gesellschaft unterliegt jedoch wie jeder Aktienwert den Gesetzen von Angebot und Nachfrage, und ermöglicht daher bei einem späteren Verkauf von Anteilen Gewinne oder Verluste, je nachdem.

Jährliche monetären Renditen auf das investierte Kapital (Dividenden) sind laut Satzung ausgeschlossen. Wesentlicher Grund hierfür ist, dass eine Gesellschaft, die Dividenden ausschüttet, bei der Berichts- und Aufsichtspflicht gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erheblich höheren Aufwand und Kosten zu tragen hat, als wenn monetäre Dividenden ausgeschlossen werden. Laut Satzung werden Gewinne, so sie anfallen, auch wieder für weiteren Landkauf eingesetzt. Damit besteht die Möglichkeit, dass Gewinne sich in größerem Landeigentum niederschlagen, was auch zu positiven Effekten beim Aktienwert führen kann. Alternativ könnten die Pachten für die Landwirte gesenkt werden – das wird dann in der Gesellschaft zu diskutieren sein.

In der Anfangsphase werden zu erwartende Pachteinnahmen für die Kosten für den Aufbau der Gesellschaft benötigt; sollte es gelingen, das Volumen der Gesellschaft zu vergrößern, stehen weitere nicht unerhebliche Kosten für Wertpapierprospekte etc. an. 

Das unter „Wünschenswerte Nebeneffekte“ Formulierte lässt sich meines Erachtens jedoch auch als eine Form von – nicht monetärer – „Rendite“ betrachten.

Entwicklungsmöglichkeiten
Perspektivisch ist auch der Erwerb von Wald oder der Erwerb von Siedlungsfläche zur Vergabe in Erbpacht denkbar.

Weitere Informationen und Kontakt:
Allmende eG
https://allmendeland.de/

Veranstaltungen

der Studienstelle 2025


22. Februar 2025 | Sa. | 10:00-13:00 Uhr
Aktiv gegen das Waldsterben
Bauernfrühstück

Lutherstadt Wittenberg, Evangelische Akademie

Die Wälder in Deutschland sind in weiten Teilen in einem schlechten Zustand, alle Hauptbaumarten weisen beträchtliche Schäden auf. Ursachen sind vor allem die sich ändernden Niederschlags- und Temperaturverhältnisse, die Bäume anfälliger machen für Schädlingsbefall oder Sturmschäden. Besonders im Harz sind die weiträumigen Einbußen bis zum Totalverlust unübersehbar.

Das im Jahr 2024 gegründete NABU-Waldinstitut mit Sitz in Blankenburg/Harz spricht von einem „Waldsterben 2.0“. Das Institut ist ein bundesweit tätiges Kompetenzzentrum für Waldnaturschutz und innovative Waldwirtschaft. Es will sich intensiv dem Schutz und der Förderung von artenreichen sowie klimaresilienten Waldsystemen widmen und bietet eine Plattform für praxisorientierte Forschung. Hinzu kommen die Umsetzung von Waldnaturschutz in der Fläche sowie Bildungsarbeit, die darauf abzielt, ein tieferes Verständnis für die komplexen Zusammenhänge im Ökosystem Wald zu vermitteln.

Institutsleiterin Dr. Anne Arnold stellt die Ziele und Aktivitäten ihres Hauses vor und lädt zu Kooperationen in den Bereichen Praxisforschung, Waldnaturschutz und Bildungsprojekten ein. 


15. März 2025 | Sa. | 10:00-16:00 Uhr 
Neues vom Grünen Hahn
Fachtag Kirchliches Umweltmanagement 
Evangelische Studierendengemeinde, Magdeburg  

Das Kirchliche Umweltmanagementsystem Grüner Hahn wurde im Jahr 2024 modernisiert: Praxisnäher, leichter verständlich und schlanker soll es sein. Weniger Formulare und Dokumentationen sind nötig. Trotzdem bleibt das System mit der EU-EMAS Verordnung konform. Alle Neuerungen werden auf einer zentralen Homepage des Netzwerkes Kirchliches Umweltmanagement (KirUm) zur Verfügung gestellt.

Beim Fachtag werden die umfangreichen Neuerungen vorgestellt und in Workshops praktisch getestet. Auch wird diskutiert, ob und wie bestehende Umweltteams die Neuerungen schrittweise übernehmen sollten.

Der Fachtag Kirchliches Umweltmanagement ist als Weiterbildung für kirchliche Umwelt-Auditorinnen und Auditoren anerkannt. 


27. März 2025 | Do. | 19:00 Uhr
Zukunftswende: Soziale Innovationen
Warum Technik allein keine Lösung ist

Dessau-Roßlau, Gemeinde- und Diakoniezentrum St. Georg

Ob Klimakrise, Pflegenotstand oder demografischer Wandel – die gesellschaftlichen Herausforderungen sind immens. Zu ihrer Bewältigung wird meist auf technische Lösungen gesetzt, doch sie greifen oft zu kurz. Gebraucht werden auch soziale Innovationen, die zu neuen Sichtweisen und Verhaltensmustern und so zu überraschenden, nachhaltigen Lösungen führen können. Michael Wunsch ist Mitgründer des Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland e. V. und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Bayreuth sowie der Berliner Hochschule für Technik. Er lädt ein zu einer Exkursion zu „WirGärten“, „FoodHubs“ und neuen politischen Programmen für frische Ideen.


10. April 2025 | Do. | 18:00–20:00 Uhr 
„Die Freiheit liegt in unserer Natur“
 Umwelt- und Naturschutzengagement in der DDR

Lutherstadt Wittenberg, Evangelische Akademie  

In der DDR bekamen Natur- und Umweltschutz 1968 Verfassungsrang, 1970 wurde ein anspruchsvolles Landeskulturgesetz erlassen und 1972 ein Umweltministerium geschaffen. Doch insbesondere die Nutzung von Braunkohle als Rohstoff der Industrie und für die Energieversorgung sowie die alle Wirtschaftsbereiche betreffende Mangelwirtschaft führten zu massiven Umweltproblemen, die von den zuständigen staatlichen Stellen nur noch dokumentiert werden konnten. 

Ab 1982 verschärfte sich die Situation. Die Daten über die Umweltzerstörung waren plötzlich nicht mehr zugänglich. Mit der „Anordnung zur Gewinnung oder Bearbeitung und zum Schutz von Informationen über den Zustand der natürlichen Umwelt in der DDR“ wurden solche Informationen zur „Geheimsache“ erklärt.

Dagegen opponierte – neben anderen – das Kirchliche Forschungsheim in Wittenberg. Es wurden Umweltinformationen aus der gesamten DDR gesammelt, in Veranstaltungen diskutiert und bewertet und – so gut es ging –veröffentlicht. Versehen mit dem Stempel „Nur für den innerkirchlichen Dienstgebrauch“ informierten die „Briefe zur Orientierung im Konflikt Mensch–Erde“ kirchennahe und -ferne Menschen im ganzen Land über die Ausmaße der Umweltzerstörung. Diese antworteten mit unterschiedlichsten Aktionen und mit praktischem Engagement für Umwelt- und Naturschutz. 

In der Veranstaltung werden Menschen, die dabei waren, berichten, wie dieses Engagement im Raum Wittenberg aussah, welche Hürden und Beschränkungen es gab und welche Erfolge erzielt worden sind. Diskutiert wird, was heutiges Umwelt- und Naturschutzengagement von dieser Selbstermächtigung lernen kann.


24. April 2025 | Do. | 19:00 Uhr
Zukunftswende: Negativemissionen
Kohlendioxid filtern, speichern, nutzen

Dessau-Roßlau, Umweltbundesamt

Der Klimawandel schreitet fort. Um ihn zu bremsen, muss der Ausstoß von Treibhausgasen nicht nur drastisch reduziert werden, sondern es sind sogar „Negativemissionen“ notwendig, weil bereits zu viel Kohlendioxid in der Atmosphäre ist und in den nächsten Jahren weitere Megatonnen hinzukommen werden. Dr. Philipp Nimmermann (angefragt) ist Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klima. Er präsentiert ein ehrgeiziges Programm, mit dem Kohlendioxid künftig nicht nur vermieden, sondern auch aus Abgasen und der Atmosphäre herausgeholt werden soll. Doch wohin dann mit dem CO2? Lässt es sich dauerhaft umweltverträglich speichern, oder könnte es gar zum Rohstoff der Zukunft werden?


2. Mai 2025 | Fr. | 10:00–16:00 Uhr
Filzen, kochen, trommeln
Praxistag Naturkindergärten

Lutherstadt Wittenberg, Evangelische Akademie 

Der Tag beginnt mit dem Rückblick auf 24 Jahre Weiterbildung zur NaturkindergärtnerIn / Facherzieherin für Natur & Ökologie. Anschließend werden verschiedenste Workshops zu dem Thema angeboten. Von der Spielgeländegestaltung über filzen, Knete kochen, Schnitzen bis zur Zubereitung vollwertiger Speisen und dazu, wie Religion Kindern nahegebracht werden kann. Beendet wird der Tag mit einem Trommelworkshop für alle.


22. Mai 2025 | Do. | 19:00 Uhr
Zukunftswende: Die neue Weltraumstrategie
Mit Weit-Sicht ökologische und militärische Gefahren bannen

Dessau-Roßlau, Gemeinde- und Diakoniezentrum St. Georg

Weltraumgestützte Infrastrukturen werden zunehmend systemrelevant. Sie dienen zur Früherkennung militärischer Bedrohungen, helfen beim Schutz vor Umweltgefahren und erleichtern das Auffinden von Bodenschätzen. Dr. Olaf Heintze ist Co-Leiter der Programmkoordination Sicherheits- und Verteidigungsforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Braunschweig. Er skizziert die politischen und technischen Kräfteverhältnisse im Orbit und erläutert, mit welchen Strategien Deutschland und Europa für den Wettbewerb zwischen den großen ökonomischen und politischen Blöcken gestärkt werden sollen.


27. bis 28. Juni 2025 | Fr.-Sa.
Wenn zu wenig Wasser den Fluss hinabfließt
Konkurrenzen um die Wassernutzung

Lutherstadt Wittenberg, Evangelische Akademie  

In Berlin und im Spreewald könnte das Wasser knapp werden. Denn 2036 soll der Braunkohleausstieg in der Lausitz vollzogen sein. Spätestens dann wird dort kein Wasser mehr abgepumpt und in die Spree geleitet. Eine Einspeisung von etwa 160 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr ginge verloren. In warmen Sommern stammen 75 Prozent des Berliner Wassers aus der Lausitz und bilden die Grundlage der Trinkwasserversorgung. In einer Studie des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2023 wird vorgeschlagen, Wasser aus der Elbe in die Spree umzuleiten. Dafür soll in der Sächsischen Schweiz ein Pumpwerk entstehen, das das Wasser 90 Meter anhebt und über einen Tunnel in die Spree leitet. 

In Sachsen und bei Elbanrainern flussabwärts regt sich Widerstand. Schließlich gibt es dort andere Großverbraucher und ehrgeizige Projekte wie die geplanten Chipfabriken in Dresden und Magdeburg. Die geplante Herstellung von Wasserstoff für die Industrie wird sehr viel Wasser benötigen. Und auch die Landwirtschaft ist auf Elbwasser zunehmend angewiesen. Nach den Dürresommern von 2018 bis 2022 wird Beregnung wieder stärker praktiziert. Bereits jetzt sind in Sachsen-Anhalt vier der zehn größten Wasserverbraucher Landwirtschaftsunternehmen. 

Auch die Natur braucht Wasser: Entlang der Elbe tragen etwa 400 der insgesamt 600 Flusskilometer einen Schutzstatus (z. B. UNESCO-Biosphärenreservat). Für das Schutzziel, artenreiche lebendige Flussauen zu erhalten und zu entwickeln, muss die Elbe ihre Auen bewässern/überfluten können, was immer seltener geschieht.

Am Beispiel der wachsenden Konkurrenz ums Wasser entlang der Elbe wird diskutiert, ob und wie regionale Wasserkonzepte unter Einbeziehung der verschiedenen Interessengruppen entwickelt werden können. 

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Neue Fenster in anhaltischen Kirchen
Wochenkalender 2025 stellt Glaskunstprojekt „Lichtungen“ in den Mittelpunkt

Der gerade erschienene Wochenkalender der Evangelischen Landeskirche Anhalts für das kommende Jahr zeigt unter dem Titel „Lichtungen“ moderne Glaskunst in über 30 anhaltischen Kirchen. Zu sehen sind unterschiedliche Ansichten von zeitgenössischen Kirchenfenstern, die in den vergangenen 15 Jahren in überwiegend mittelalterlichen Gotteshäusern im Bereich der Evangelischen Landeskirche Anhalts eingebaut worden sind. Auch moderne Innenräume werden im Kalender gezeigt. Schirmherr des Projektes „Lichtungen“ ist Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff.

Titelbild:  Dorfkirche Priorau, Foto: Heiko Rebsch

Erstellt wurden die Aufnahmen unter anderem von Heiko Rebsch, Matthias Behne und Johannes Killyen, der auch die Redaktion übernommen hat. Das Layout stammt von der Grafikerin Sandra Heinze. Jedes Kalenderblatt enthält den passenden biblischen Wochenspruch und auf der Rückseite Informationen zu Fenstern und Kirche sowie weitere Bilder.

In der Einleitung zum Kalender schreibt Dr. Holger Brülls, Konservator am Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt und Kurator der „Lichtungen“: „Die hier vermittelte Erfahrung von entlegener Landschaft, alter Architektur und neuer Kunst ist ganz auf Dauer gestellt. Diese Stationen mit dem Fahrrad oder dem Auto zu erfahren oder sie zu Fuß zu erwandern, ist ein ästhetisches und spirituelles Erlebnis.“ Oberkirchenrat Matthias Kopischke hebt hervor: „Die ‚Lichtungen‘ sind bei weitem nicht nur ein Kunstprojekt: Glaskunst mischt sich ein in das Gemeindeleben und setzt vieles in Bewegung. Gemeinden blicken stolz auf ihre alte, neue Kirche. Menschen, die lange nicht hier waren, staunen, wie hell das früher so düstere Kirchenschiff plötzlich geworden ist. Das gibt Mut, Kraft und Fröhlichkeit.“

Der Kalender ist zum Preis von 9,00 Euro bei der Evangelischen Buchhandlung im Bodelschwinghhaus in Dessau (Johannisstraße 12, Tel. 0340 2202646, ) erhältlich. 

Informationen zum Projekt „Lichtungen – zeitgenössische Glaskunst in Anhaltischen Kirchen“ finden Sie unter:
www.lichtungen-glasmalerei.de/projekt/

Lesetipp

Mythos Bildung.
Die ungerechte Gesellschaft, ihr Bildungssystem und seine Zukunft 

In diesem grundlegenden Buch analysiert Aladin El-Mafaalani aus unterschiedlichen Perspektiven die Probleme und paradoxen Effekte des Bildungssystems, seine Dynamik und seine Trägheit. Eine umfassende Diagnose, ein Plädoyer dafür, soziale Ungleichheit im Bildungswesen endlich in den Fokus der Bildungspolitik und -praxis zu rücken, und zugleich eine Absage an Visionen und Revolutionen: Es geht darum, was jetzt wichtig und realistisch ist.

Aus dem Buch

»Mit Bildung löst man kein einziges der großen gesellschaftlichen Probleme, etwa die vielen offenen Fragen der Digitalisierung, den fortschreitenden Klimawandel oder den Umgang mit globaler Migration. Selbst die aufgeheizte gesellschaftliche Stimmung oder die Konzentration von Problemlagen in bestimmten Stadtteilen wird sich durch eine Ausweitung und Aufwertung von Bildungsinstitutionen nicht abschwächen. Es geht um eine Verringerung von Chancenungleichheit, um die Erweiterung von Erfahrungshorizonten und Zukunftsperspektiven für alle Kinder und um die Vorbereitung der nächsten Generationen auf die unbekannten Herausforderungen einer zunehmend komplexer werdenden Gesellschaft. Nur darum geht es. Nicht mehr und nicht weniger.« Aladin El-Mafaalani

Zum Autor: Aladin El-Mafaalani ist Soziologe und Inhaber des Lehrstuhls für Migrations- und Bildungssoziologie an der Technischen Universität Dortmund. Zugleich ist er Teil des SFB 1604 „Produktion von Migration“, der am Institut für Migrationsforschung und interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück angesiedelt ist. Derzeit ist er u.a. Mitglied im Bundesjugendkuratorium der Bundesregierung und Beauftragter des NRW-Familienministeriums (MKJFGFI) in Fragen der muslimischen Zivilgesellschaft.

Aladin El-Mafaalani
Mythos Bildung
Die ungerechte Gesellschaft, ihr Bildungssystem und seine Zukunft 

Erschienen am 13.02.2020
320 Seiten
ISBN: 978-3-462-05368-5
Kiepenheuer und Witsch
www.mafaalani.de/mythos-bildung

Themenseiten – Aus dem Arbeitskreis Naturwissenschaft und Spiritualität

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Siegrun Höhne

Kirchlicher Dienst auf dem Land, Umweltmanagement der EKM, Leiterin der Studienstelle/ KFH
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