Liebe Leserinnen und Leser,
ich freue mich, dass die „Schöpfungszeit“, die Zeit zwischen dem 1. September und dem Erntedankfest, immer mehr wahrgenommen wird; mit verschiedenen Aktionen, Veranstaltungen und Materialien; innerhalb und außerhalb von Kirchen … Radtouren, Ausstellungen, Andachten im Freien und mehr. Diese BRIEFE-Ausgabe berichtet über solche Aktionen.
Die gelben Themenseiten hat diesmal Susanne Tabea Heydecke gestaltet. Sie absolvierte im August im Lothar-Kreyssig-Ökumene-Zentrum in Magdeburg ein Praktikum und hatte Lust, sich des Themas anzunehmen. Es entstanden die sehr schöne Andacht zur Schöpfungszeit „Mit allen Sinnen“ und ein Bericht über den im September erstmals verliehenen Umweltpreis der EKM. Ich danke Frau Heydecke herzlich und wünsche ihr für ihr Vikariat alles Gute. Den Umweltpreis hat übrigens die Martin-Niemöller-Haus-Gemeinde in Jena-Lobeda gewonnen. Herzlichen Glückwunsch!
Der Vorsitzende des Fördervereins der Studienstelle Wolfram Hädicke lädt zur Mitgliederversammlung am 22. November ein. Ein besonderer Tagesordnungspunkt ist die Digitalisierung der Schriften des Kirchlichen Forschungsheims. Sie sollen in einem gut sortierten Online-Archiv zur Verfügung gestellt werden. Pfarrer Gerd Linden aus Buckow-Glienicke hat die Initiative ergriffen und einen wesentlichen Teil dieser Aufgabe übernommen. Ganz herzlichen Dank dafür. Er wird berichten, wie der Stand des Projektes ist und vorstellen, welche Aufgaben noch offen sind. Im Anschluss an die Versammlung wird Joachim Krause aus seinem Buch „Am Abend mancher Tage“ lesen. Ich würde mich sehr freuen, Sie an diesem Tag in Wittenberg (wieder) zu sehen.
Ihre Siegrun Höhne
Geistliches Wort
Lasst uns …
Lasst uns singen für die Erde,
dass sie nicht durch Gifte oder Waffen
freventlich und blind vernichtet werde.
Du, o Gott hast sie geschaffen!
Lasst uns bitten, dass die Erde,
die du uns zur Pflege hast gegeben,
unsere Kinder noch erfreuen werde.
Jesus ließ für sie sein Leben!
Lasst uns kämpfen für die Erde,
dass der Mensch für ihre Pflanzen, Tiere
statt zum Fluch zu einem Segen werde.
Gott, dein Geist uns treib und führe!
Lasst uns tanzen auf der Erde
und von Herzen der Verheißung trauen,
dass sie einmal Gottes Reich noch werde,
wo wir Heil und Frieden schauen.
Kurt Marti
In eigener Sache
Einladung zur Mitgliederversammlung
am Freitag, 22. November 2024
16.30 bis 18.00 Uhr in Lutherstadt Wittenberg, Schlossplatz 1d
(Evangelische Akademie Sachsen-Anhalt e.V.)
Liebe Mitglieder des Fördervereins für die Studienstelle Naturwissenschaft, Ethik und Bewahrung der Schöpfung,
Diese Einladung erreicht Sie in unruhigen Zeiten. Jüdische Menschen sind verunsichert. Politisch geht ein Riss durch unser Land. Menschen verstehen sich nicht mehr und Hass breitet sich aus. Umweltthemen werden an den Rand gedrängt. Klimawandel – wer will das noch hören? Umso wichtiger ist das, was in unserer Studienstelle geschieht. In den letzten Briefen (Nr. 151) haben Sie vielleicht meinen Weckruf zum Thema Atomenergie gelesen. Es geht also auf dem Feld, das wir mit unserem Verein fördern, bei weitem nicht nur um die Pflege der Erinnerung an große Zeiten des Forschungsheims. Es geht um christliches Engagement für die Schöpfung hier und heute.
Folgende Tagesordnung ist vorgesehen:
- Begrüßung und Andacht
- Formalia
- Berichte aus dem Vorstand, der Studienstelle und den Arbeitskreisen
- Ein Blick auf die BRIEFE als unser wesentliches Förderprojekt
(Wahrnehmungen, Wünsche, Anregungen) - Aufbau des digitalen Archives der Schriften des Kirchlichen Forschungsheimes
durch Pfr. Gerd Linden, Ev. Pfarramt Buckow-Glienicke
Nach unserer MV laden wir nach einer etwa einstündigen Pause (ein Imbiss und Getränke stehen bereit) um 19.00 Uhr am gleichen Ort zu einer Buchlesung von
und mit Joachim Krause ein.
Mit herzlichen Grüßen und Segenswünschen
(gez.) Wolfram Hädicke
(Vorstandsvorsitzender)
Am Abend mancher Tage – eine Spurensuche in Mitteldeutschland
Buchlesung mit Musik
mit Joachim Krause
Joachim Krause hat die kirchliche Umweltbewegung in der DDR und die kirchliche Umweltarbeit im vereinigten Deutschland als Beauftragter für Glaube, Naturwissenschaft und Umwelt in der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Sachsen intensiv mitgeprägt.
Der Schriftsteller, Umweltaktivist, Heimatforscher und Rockmusiktexter (Lift, Panta Rhei, Horst Krüger u.a.) liest Geschichten aus seinem bewegten Leben, in denen auch ein Stück Zeitgeschichte in Erinnerung gerufen wird: Start mit der aufregenden „Dorfkinderzeit“ an der Grenze zwischen Sachsen und Thüringen, „Flugversuche“ als Jugendlicher mit Studium und Rockmusik, dann „das volle Leben in der DDR“ mit Familie, Beruf und Opposition und das Zurechtfinden und Entdecken neuer Horizonte in der „gewendeten Welt“ nach 1989. So manche Erinnerungen werden dabei hochkommen. Wir wollen mit ihm über das Gehörte ins Gespräch kommen.
Herzliche Einladung!
Termin:
22. November 2024
19 Uhr
Evangelische Akademie in Wittenberg, Schloßplatz 1d
Aus den Kirchen
Energie-Sprechstunden für Kirchgemeinden, Kirchenkreise & Kirchliche Einrichtungen der EKM
Wir wollen Kirchengemeinden, Kirchenkreise und Einrichtungen auf ihrem Weg zu einer treibhausgasneutralen Kirche unterstützen. Deshalb bieten wir ab September 2024 in Zusammenarbeit mit einem Energieberatungsbüro kostenlose Erstberatungen in Form von „Energie-Sprechstunden“ an.
Zu diesen Themen kann beraten werden:
- Umsetzung von Anforderungen aus dem Gebäudeenergiegesetz (GEG)
- Mögliche finanzielle Förderungen (BEG, Kirche, Landesprogramme)
- Energetische Sanierung der Gebäudehülle (z.B. Wanddämmung,
Fenstertausch, oberste Geschossdecken und -Dachdämmung,
Kellerdeckendämmung) - Heizungserneuerung, Heizungsoptimierung
- Umsetzung von regionalen Wärmeplanungskonzepten
- Installation von PV- und Solaranlagen (auch im Zusammenhang mit
Denkmalschutz) - Betreiberkonzepte für Stromeigenerzeugung
- Energieeinsparung durch Änderungen im Nutzungsverhalten
- Feuchtigkeits- und Schimmelschäden
- Dachbegrünung
- Weitere energierelevante Themen
Die Beratungen sollten vorzugsweise online oder telefonisch abgewickelt werden und sind für die kirchlichen Akteure kostenlos. Vor-Ort-Termine können nach Absprache stattfinden. Dadurch entstehende Unkosten müssen übernommen werden.
Folgende Informationen sind für eine gute Beratung im Vorfeld wichtig:
- Beratungsschwerpunkt(e)
- Informationen zu den Gebäude(n), wie Standort, Baujahr, erfolgte
Sanierungen, Denkmalschutz, Nutzung, Nutzfläche, Art der Heizungsanlage,
ggf. sonstige relevante Informationen - Kontaktdaten
Bei Interesse und/ oder Rückfragen wenden Sie sich an:
Kathrin Natho
Umweltbeauftragte der EKM
E-Mail:
Telefon: 0391 5346395
Kohrener Tafelmobil – Ein Beitrag für nachhaltige Gemeindefeste
von Manuela Kolster
Im Jahr 2021 wurde durch die sogenannte Kohrener Tafelrunde, einer Initiative der Heimvolkshochschule Kohren-Sahlis, ein wichtiger Schritt zur Förderung des Austauschs und der Vernetzung zwischen den vielen Vereinen und der Kirchgemeinde Kohren-Sahlis unternommen. Dabei zeigte sich, dass die Ziele, Zukunftspläne und Projektideen der beteiligten Akteure oft nicht ausreichendbekannt waren. Ein regelmäßiger Austausch kann das gemeinsame Miteinander bereichern und zur erfolgreichen Umsetzung künftiger Projekte, wie beispielsweise der Organisation von Veranstaltungen, beitragen.
Daher wurde von der Referentin für Umwelt und ländliche Entwicklung in Zusammenarbeit mit einer Mitarbeiterin des Sächsischen Landeskuratoriums ländlicher Raum (www.slk-miltitz.de/aktuelles) und der Kirchgemeinde Kohren-Sahlis die Idee eines Geschirrmobils entwickelt.
Dabei handelt es sich um einen PKW-Anhänger, der mit einer Spülstrecke, einem Hochleistungsgeschirrspüler und ausreichend Geschirr ausgestattet ist. Dieser Anhänger kann von Kirchgemeinden und Vereinen ausgeliehen werden und soll durch seine umfangreiche Ausstattung helfen, den Einsatz von Einweggeschirr auf Festen zu reduzieren, was einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeit leistet. Er kann zukünftig von Kirchgemeinden und Vereinen in der Region ausgeliehen werden.
kirche-frohburg.de/startseite/gemeindeleben/geschirrmobil/
Dank der Unterstützung durch den sächsischen Mitmachfonds SIMUL+ und den Sächsischen Umweltpreis konnte dieses Projekt realisiert werden. Im Rahmen des jährlich stattfindenden Michaelismarktes auf dem Pfarrhof in Kohren-Sahlis wurde das Kohrener Geschirrmobil der Öffentlichkeit im September vorgestellt.
Wir Bäume sind eure besten Freunde – Stadtbäume in Gefahr
Ausstellung vom 1. bis 30. September 2024 in der Ev. Stadtkirche Bad Schmiedeberg (Leihgeber: BUND Bayern)
von Christoph Krause
Einen bessere „Finissage“ hätte sich Pfarrer i. R. Christoph Krause für die aktuelle Ausstellung „Wir Bäume sind eure besten Freunde – Stadtbäume in Gefahr“ wirklich nicht wünschen können: hatten sich doch tatsächlich am letzten Ausstellungstag, dem 30. September, noch einmal zwei Gruppen von Hortkindern auf den Weg gemacht, um am ersten Ferien-Vormittag ihre „besten Freunde“ kennenzulernen. Schnell wuselten sie durch die Info-Tafeln, betasteten Rinde, identifizierten Blätter, schätzten Jahresringe und benannten die vielen Lebewesen, die in und auf, unter und über, von und mit Bäumen leben.
Ja, das gehört zum Ausstellungskonzept, das die „Ev. Kirchengemeinde am Kurort Bad Schmiedeberg“ schon seit einigen Jahren verfolgt. Früh wurde von den Verantwortlichen die Chance jener „Ogkelschen Kapelle“ an der Nordseite der gotischen Hallenkirche als idealer Präsentations- und Informationsraum entdeckt und erschlossen. Und so wechseln sich im Durchschnitt vier Ausstellungen pro Jahr miteinander ab, wobei die Themen von Kirchen- und Reformationsgeschichte über die Aufarbeitung der Diktaturen in Deutschland bis hin zu künstlerischen Auseinandersetzungen mit Gegenwartsproblemen reichen. Und im September – dem „Schöpfungsmonat“ – wird von Anfang an der Augenmerk auf Natur und Umwelt gelegt. Im letzten Jahr war der Elbebiber im Fokus, aber auch die Wildkatze, die Elbauen und unser Umgang mit Lebensmitteln spielten schon eine Rolle.
Ausstellungsgeber sind unterschiedliche Organisationen, so z. B. das Martin-Luther-King-Zentrum für Gewaltfreiheit in Werdau, die Friedensbibliothek Berlin, die Bundesstiftung zur Aufarbeitung für SED-Unrecht, der BUND, das Medienzentrum der EKM in Neudietendorf, die Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt. Und häufig werden die Unternehmungen auch gefördert, so von der Landesbeauftragten zur Aufarbeitung für SED-Unrecht in Magdeburg, von der Landeszentrale für politische Bildung, der Landeskirche und dem Kirchenkreis – und im jetzigen Fall von der Ev. Akademie Sachsen-Anhalt.
Im Begleitprogramm stehen häufig neben der Eröffnungsveranstaltung besondere Filmabende, Konzerte von Ensembles und Liedermachern sowie Gesprächsrunden.
Den Großteil der Besucherinnen und Besucher stellen ortsentsprechend die Kurgäste unserer Stadt, die dankbar die seelsorgerlichen, gottesdienstlichen und eben auch kulturellen Angebote der Kirchengemeinde in Anspruch nehmen. Auch Vereine vor Ort oder Gemeindegruppen aus Nachbarorten kommen gern zu „Sonderführungen“, und natürlich sind Tagestouristen herzlich begrüßte Gäste.
Der gute Kontakt zur örtlichen Grund- und zur Sekundarschule führte auch schon zu manchen Projektstunden oder -vormittagen im Rahmen von Reli/ Ethik, Geschichts-/ Sachkundeunterricht, Deutsch oder Kunst.
Und so war es auch in der aktuellen Ausstellung: Eröffnung im Rahmen des „Schöpfungssonntags“ am 1. September mit Gemeindepfarrer Christoph Gramzow. Ein Liederabend mit Bernd Pakosch aus Meißen „Abends an der Elbe“ – wunderbare Lyrik in der Stimmung von alten Weiden in der Flussaue. Authentischer indigener Folk und Rock mit Mitch Walking Elk, einem Hopi-Cheyenne-Arapaho, der in Oklahoma geboren und aufgewachsen ist und vehement gegen die Zerstörung seiner Heimat durch Öl- und andere Konzerne eintritt. Ein gut besuchter Filmabend mit „Die Eiche – meine Heimat“, ein wunderbarer französischer Dokumentarfilm von 2022, dessen Reiz darin besteht, dass kein menschliches Wort ertönt! Aber auch die septemberliche Donnerstag-Orgelvesper und die „Lange Orgelnacht“ boten Möglichkeit, sich die Ausstellung anzuschauen.
Aber am schönsten war es doch mit den Kindern des Schulhortes ganz am Schluss. Wie teilweise schon bestens informiert sie Fragen beantworten: wo wachsen Bäume (nicht nur im Wald – nein, auch im Garten, an den Straßen, auf dem Spielplatz und dem Schulhof, auf dem Friedhof und im Park …). Was bringen uns Bäume: Sauerstoff, Schatten, Schutz vor Regen, Holz zum Heizen, fürs Papier, zum Bauen, Grün für die Augen – ach, was da alles so rauspurzelte! Wer und was lebt unter und über, in und um, von und mit dem Baum – hunderte Antworten hätte ich sammeln können. Und was gefährdet den Baum: traurige Gesichter beim Vorstellen von Kettensägen und Riesen-LKW, gelaugten Straßen im Winter und Trockenheit im Sommer, Waldbränden und Waldsterben, Müll an den Wegen und Asphalt auf den Straßen. Aber auch viel Freude daran, was getan werden kann: Bäume pflanzen und gießen, Blühwiesen anlegen, Insektenhotels und Nistkästen bauen – genügend Anregungen für BürgermeisterInnen, LehrerInnen und Eltern!
Und zum Abschluss noch der Gang vor die Kirche. Dort steht die 120 Jahre alte Platane, gepflanzt nach dem verheerenden Kirchturmbrand 1905. Alle Kinder mussten die Hände zusammenlegen, um ihren Stamm zu umfassen! Und dann das allerschönste: wir fassten uns an den Händen und umtanzten die alte Riesin – vier nach rechts, vier nach links, zwei vor, zwei zurück, und dann noch mal im Kreis.
Bericht
Großschutzgebiete als Reallabore
Bericht zur Exkursion in den Nationalpark Drömling (6.-7.9.2024)
von Arthur Säckl
Das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) der Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, die Widerstandsfähigkeit der Ökosysteme in Deutschland zu stärken und ihre natürliche Fähigkeit, das Klima zu regulieren, zu fördern. Dabei setzt das Programm auf einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem verschiedene Maßnahmen wie Wassermanagement, Moorschutz und Aufforstung eng miteinander verknüpft werden. Eine besondere Rolle spielen dabei Gebiete wie der Drömling, die als „Reallabore“ dienen. In diesen großflächigen Schutzgebieten werden innovative Naturschutzstrategien entwickelt und direkt in der Praxis getestet.
Der Drömling selbst, ein UNESCO-Biosphärenreservat, versteckt an der Grenze zwischen Sachsen-Anhalt und Niedersachsen, bietet eine einzigartige historische Kulturlandschaft. Mit einem der dichtesten Gewässernetze Europas war er ursprünglich ein unzugängliches Sumpfgebiet, das erst durch Gräben und Kanäle für die Landwirtschaft nutzbar gemacht wurde. Ein Beispiel hierfür sind die Rimpau’schen Moordammkulturen, die es ermöglichten, Moorflächen für den Anbau zu erschließen. Diese enge Verzahnung von Landnutzung und Naturschutz prägt die Region bis heute und macht den Drömling zu einem idealen Schauplatz für moderne Klimaschutzprojekte.
Im Rahmen einer zweitägigen Fachveranstaltung, vom 6. bis 7. September 2024, die von der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt organisiert wurde, trafen sich Experten und Interessierte im Drömling, um über das Wassermanagement und die Ausweisung als Biosphärenreservat zu diskutieren. In lockerer Atmosphäre, die sowohl den fachlichen Austausch als auch die Vernetzung der Teilnehmenden ermöglichte, waren neben der Wiedervernässung von Moorgebieten auch Hürden in der Verwaltung und Pflege der zahlreichen Stauanlagen im Drömling sowie rechtliche und administrative Fragen, etwa zur Flurbereinigung und zu wasserrechtlichen Verfahren, Bestandteil des Austauschs. Neben den Fachvorträgen bot die Veranstaltung auch Raum für offene Diskussionen über praktische Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Naturschutzes in den verschiedenen Ländern. Darüber hinaus herrschte Konsens über z. B. „unklare Auslegungen“ von Richtlinien und Probleme in der Verwaltung sowie über die spärlichen und kontinuierlichen Möglichkeiten des länderübergreifenden fachlichen Austauschs in den jeweiligen Stellen. So stellte die Kommunikation zwischen den Teilnehmenden den Kern der Veranstaltung dar, welcher auch an anderer Stelle über die Zusammenarbeit zwischen Naturschutzbehörden und landwirtschaftlichen Betrieben im Drömling unter Beweis gestellt werden konnte.
Gerade in naturschutzfachlichen Prozessen liegt der Schlüssel zum Erfolg in der Transparenz – allerdings nicht nur einmalig, sondern als kontinuierlicher Prozess. In einem regionalen Kontext bedeutet das, dass über viele Jahre hinweg intensiv kommuniziert werden muss. Und zwar nicht nur auf einer Ebene, sondern zwischen allen Beteiligten: von der Politik über die Wirtschaft bis hin zu den Bürgern. In der Realität bedeutet dies einen 30-jährigen Dialog – ein Austausch, der alle Ebenen und Sichtweisen einbindet. Genau dieser stetige Kommunikationsfluss ist entscheidend, um Akzeptanz zu schaffen. Wenn jeder gehört wird und mitreden kann, entsteht ein solides Fundament, auf das auch in der Zukunft gebaut werden kann. Kurz gesagt liefert die Kooperation und Kommunikation die Grundvoraussetzung, um die Interessen des Naturschutzes mit den Anforderungen der Landnutzer in Einklang zu bringen.
Exkursionen in die Kern- und Nässezone des Drömlings gaben den Teilnehmern die Gelegenheit, sich ein Bild von den bereits umgesetzten Maßnahmen zu machen und deren Erfolge sowie Herausforderungen zu erleben.
Ein Bestandteil der Veranstaltung war der Beitrag von Dr. Dr. Jörg Hoffmann vom Julius-Kühn-Institut, der eine 30-jährige Langzeitstudie zur Biodiversität in Agrarlandschaften vorstellte. Hoffmanns Forschung konzentriert sich auf die Biodiversität in Agrarlandschaften. Daraus ergeben sich wertvolle Empfehlungen, wie Naturschutz und Landwirtschaft in Einklang gebracht werden können. Hoffmann zeigte, dass insbesondere extensive Landnutzung in Verbindung mit gezielten Naturschutzmaßnahmen positive Effekte auf die Artenvielfalt haben kann.
Die Veranstaltung verdeutlichte, dass der Drömling eine Modellregion für das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz darstellt. Die Region, die durch ihre innovative Wasserbewirtschaftung geprägt ist, bietet ideale Voraussetzungen, um nachhaltige Konzepte für den Moorschutz und das Wassermanagement zu entwickeln und in die Praxis umzusetzen. Der Drömling, der Teil des Grünen Bandes entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze ist, vereint historische Landnutzung mit modernen Herausforderungen des Klimaschutzes und der Regionalentwicklung.
Die Umwandlung des Drömlings vom Naturpark zum UNESCO-Biosphärenreservat spiegelt auch den Wandel wider, der in vielen Regionen Deutschlands notwendig wäre, um Naturschutz und Entwicklung ländlicher Räume miteinander zu verknüpfen. Das länderübergreifende Naturschutzgroßprojekt, das von Sachsen-Anhalt und Niedersachsen gemeinsam getragen wird, zielt darauf ab, den Drömling als Modellregion für nachhaltige Entwicklung zu etablieren. Ein zentrales Element dieses Projekts ist das Rahmenkonzept Drömling, das unter breiter Beteiligung regionaler Akteure entwickelt wurde. Dieses Konzept verfolgt das Ziel, den Naturschutz mit den wirtschaftlichen Interessen der Region zu verbinden und gleichzeitig die biologische Vielfalt zu erhalten.
Insgesamt verdeutlichte die Fachveranstaltung, dass der Drömling eine Schlüsselrolle im Rahmen des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz spielen kann. Durch die Verbindung von historischer Landnutzung, innovativem Wassermanagement und nachhaltiger Regionalentwicklung dient der Drömling als Vorbild für den Naturschutz in Deutschland und darüber hinaus. Die Ergebnisse und Erkenntnisse aus dieser Veranstaltung liefern wertvolle Impulse für die Umsetzung der Maßnahmen im Klimaschutz und der Erhaltung der Biodiversität in anderen Regionen. Auch konnten durch den regen Austausch der betroffenen Akteure und Teilnehmenden neue Ideen und Erfahrungen gesammelt werden. Eine abschließende Einigkeit bestand über die Weiterführung des Formats als „Informations- und Austauschplattform“.
Zu urigen Buchen und schnittigen Schiffen
Exkursion in der Schöpfungszeit
von Siegrun Höhne
In diesem Jahr haben wir erstmals zu einer mehrtägigen Exkursion in der Schöpfungszeit eingeladen. Vom 13. bis 15. September machte sich eine kleine Gruppe von Wittenberg aus im Teil-Auto Kleinbus auf den Weg nach Waldeck in Hessen. Ziel war, den Nationalpark Kellerwald-Edersee kennenzulernen.
Wir fuhren „übers Land“; durch die Magdeburger Börde zum Harz und von dort entlang der Weser zum Edersee. Es tat weh, die toten Wälder und leeren Berge im Harz zu sehen und zu lernen, dass neue Wälder, sofern sie überhaupt bei der zunehmenden Trockenheit wachsen, ganz anders aussehen werden als der alte vertraute Harzwald.
Zwischen Elend und Braunlage querten wir den Harzer Grenzweg, der direkt auf alten Grenzpfaden oder dem früheren „Kolonnenweg“ entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze verläuft. Dieses „Grüne Band“, 1400 Kilometer von der Ostsee bis zum Vogtland in Sachsen, ist eines der längsten Biotopverbundsysteme, wird aber durch neue Siedlungen und Verkehrstrassen bedroht und ist an einigen Stellen nur noch sehr schmal.
Angekommen in unserer Pension am Vorstau des Edersees in Nieder-Werbe/ Waldeck wanderte die Gruppe durch den kleinen Ort, in dem heute etwa 500 Einwohner leben, überwiegend vom „sanften Tourismus“. Dass die Region in der Nähe von Kassel eine der Keimzellen des Ökolandbaus in Deutschland ist, zeigte sich beeindruckend auf den Speisekarten. Wir sahen viele Bio-Label, bei den Fleischgerichten konnten wir wählen zwischen „Schnitzel vom Schwein“ und „Schnitzel vom glücklichen Schwein“. Der Preisunterschied lag etwa bei 2,50 Euro.
Am Samstag machte die Gruppe sich auf, um auf dem Urwaldsteig die berühmten Buchenurwälder zu besuchen. Der Nationalpark Kellerwald-Edersee schützt auf einer Fläche von 7.688 Hektar einen der letzten großen Buchenwaldbestände in Mitteleuropa. Gegründet wurde er nach heftigen Diskussionen im Jahr 2004. Inzwischen gehören Teile des Nationalparks (seit 2011) zum UNESCO-Weltnaturerbe „Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas“, quasi einem Netzwerk von Schutzgebieten. Etwa 75 Prozent der Flächen im Nationalpark entwickeln sich ohne menschlichen Eingriff als „Wildnis von morgen“.
Wir starteten am Infozentrum des Nationalparks und kamen nach kurzem Weg durch Felder und Wiesen im Buchenwald an. Der Urwaldsteig hat eine Länge von 66 Kilometern, wir wanderten etwa 8 davon auf einem Rundweg. Beeindruckt waren wir von der Vielfalt der Waldbilder: alte Buchen und Eichen mit knorrigen, skurrilen Wuchsformen, die an Kobolde und seltsame Fabelwesen erinnern.
Es fanden sich Gruppen abgestorbener Bäume, Fichten zumeist, doch sie werden von jungen Buchen und Eichen ersetzt, die ausreichend Licht bekommen, um zu wachsen. Der Kellerwald ist Heimat der Wildkatze, was in der Ausstellung im Infozentrum auf beeindruckende Weise in Szene gesetzt worden ist.
Ein besonderes Erlebnis war der Besuch der Bergkapelle Quernst, zu der wir auf einem alten Kirchweg an umgeworfenen Baumriesen vorbei durch die entstehende Wildnis (alternativ auf einem gut ausgebauten Weg) gelangten. Oben auf dem Berg wurde uns das Herz weit. Mit freiem Rundumblick auf die Berge, den Wald und ins Tal wirkt der Ort wie ein heiliger Hain. Im Mittelalter befand sich hier ein Dorf mit Kirche und Friedhof. Auch Bewohner anderer Dörfer im Umfeld kamen auf den Berg, um hier Gottesdienst zu feiern. Der Ort wurde bereits um 1400 verlassen, die Kirche wurde weiter genutzt, dann aber im Zuge der Reformation aufgegeben und vergessen.
Als im Februar 1990 der Sturm Wiebke Bäume umriss und Kirchenreste wieder freilegte, kam die Idee auf, hier eine neue Kapelle zu errichten. Sie sollte an die alte Quernstkirche erinnern und Wanderern eine Stätte der Einkehr bieten. Ein Verein wurde gegründet, der die neue Quernst errichtete und betreut. Die Form stellt den guten Hirten dar, der schützend seinen Mantel ausbreitet.
Die Gruppe hatte viel Zeit für eine Andacht und für stille Meditation. Mit einigen Mitgliedern des Vereins, die nach dem Rechten sehen wollten, kamen wir in ein gutes Gespräch.
Weiter ging es zum Edersee. Die Staumauer ist die drittgrößte in Deutschland, sie wurde 1914 fertiggestellt und dient bis heute der Wasserversorgung der Weser und des Mittellandkanals in den Sommermonaten, um deren Schiffbarkeit sicherzustellen. Es handelt sich um eines der letzten großen Bauprojekte des deutschen Kaiserreiches. Von Beginn an wurde auch Strom aus Wasserkraft gewonnen.
Für den Bau wurden die Dörfer unterhalb der Staumauer abgerissen und an höheren Lagen neu aufgebaut. Reste von Ortschaften und Friedhöfen sind heute bei niedrigem Wasserstand zu erkennen und können besucht werden, eine temporäre Touristenattraktion. Im Ortsteil Niederwerbe, in dem wir untergebracht waren, erinnert seit 2014 die Rekonstruktion des ehemaligen Kirchturms an die alte Kirche, die 1912 abgerissen wurde.
In der Nacht zum 17. Mai 1943 zerstörte eine britische Rotationsbombe die Staumauer; eine etwa 8 Meter hohe Flutwelle zerstörte hunderte Häuser, Fabriken, Schienen, Straßen und Brücken. 68 Menschen starben in der Flut. Mit dem Angriff auf mehrere Staumauern in Deutschland wollten die Alliierten Infrastrukturen zerstören, hier die Wasserstandsregulierung des Mittellandkanals. Die Staumauer wurde im selben Jahr von Zwangsarbeitern wieder instandgesetzt.
Heute sind Staumauer und Stausee ein touristisches Highlight in der Region Kurhessen-Waldeck.
Am Sonntag besuchte die Gruppe den Gottesdienst in Neukirchen, den Pfarrer Rainald Richber hielt. Anschließend erkundeten wir mit Mitgliedern der örtlichen Gemeinde den Ort und die Kirche in Sachsenberg, tauschten Erfahrungen aus und aßen gemeinsam zu Mittag, bevor der Bus wieder Richtung Wittenberg startete. Das Fazit: Eine gelungene Exkursion in der Schöpfungszeit.
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