Diskurs

Kinderrechte Entdeckertouren

Kinder auf Kinderrechte-Entdeckertour in Wittenberg
Kinder auf Kinderrechte-Entdeckertour in Wittenberg - Foto: Ev. Akademie

Die Kinderrechte-Entdeckertouren sind ein Angebot der Jungen Akademie an Kindergruppen zwischen 8 und 12 Jahren.

Auf vier Touren erkunden die Kinder durch konkrete Erfahrungen, persönliche Begegnungen und Aufgaben zum Hinschauen und Nachdenken die Umsetzung ihrer Rechte in ihrer Stadt: Sie erproben mit einem Rollstuhl, auf welche Hindernisse man als Kind mit Behinderung stößt, lernen durch Mitarbeiter einer Beratungsstelle Angebote für Kinder in Notsituationen kennen oder erfahren bei der zuständigen Behörde, wie Kinder eine Demo anmelden und so von ihrem Versammlungsrecht Gebrauch machen können. Die entwickelten Materialien lassen sich an verschiedene Städte und Gruppen anpassen.

Hintergrund

In der UN-Kinderrechtskonvention werden Kinder als kompetente Akteure anerkannt, die aktiv am gesellschaftlich-politischen Leben teilnehmen und deren Meinung „zu Recht“ Gehör finden soll. Informations- und Versammlungsfreiheit und ein Recht auf Mitbestimmung werden Kindern ebenso zugesichert wie etwa das Recht auf gewaltfreie Erziehung, Bildung oder freie Religions¬ausübung. Damit Kinder ihre Rechte aktiv wahrnehmen können, reichen bloße Kenntnisse jedoch oft nicht aus. Kinder brauchen konkrete Erfahrungen und persönliche Begegnungen, die ermutigen, für sich und andere für ihre Rechte einzustehen. Diese wollen die Entdeckertouren ermöglichen.

Konzept der Kinderrechte-Entdeckertouren

Zu verschiedenen Schwerpunktthemen der UN-Kinderrechtskonvention begegnen die Kinder in ihrer Stadt Menschen, besuchen Einrichtungen und machen konkrete Erfahrungen, die ihnen ihre Rechte sowie gesellschaftspolitische Hintergründe der Gewährleistung und Missachtung derselben näher bringen: Sie erproben mit einem Rollstuhl, auf welche Hindernisse man in der Stadt als Kind mit Behinderung stößt, lernen durch Mitarbeiter/-innen von Beratungsstellen Angebote für Kinder in Notsituationen kennen, erfahren beim Weltladen, wie durch fairen Handel das Recht von Kindern auf Schutz vor Kinderarbeit gestärkt werden kann oder machen im Landkreisbüro von ihrem Versammlungsrecht Gebrauch, indem sie eine Demonstration anmelden. Die Kinder werden zudem dazu angeregt, eigene Fragen zu stellen und ihr Umfeld sensibler wahrzunehmen: Wo in der Stadt haben Kinder die Möglichkeit, sich zu bewegen und wo mangelt es daran? Wo können sie sich Informationen beschaffen? Wo stoßen behinderte Kinder auf Hindernisse?

Umsetzung

Die Einbindung verschiedenster, lokaler Akteure, erfordert eine Anpassung des Konzepts und der Materialien an die jeweilige Situation vor Ort. Dafür stehen die Materialien zur freien Nutzung und Veränderung unter Angabe der Quelle entsprechend der u.s. Lizenz zur Verfügung. Das Grundkonzept gestaltet sich wie folgt:

Tour 1: Kinder sollen keine Not leiden

Die Gruppe untersucht das Recht von Kindern, gesund zu leben und in ihren Familien keine Not zu leiden. Es wird eine super-gesunde Pausenbrotbox gefüllt und der Frage nachgegangen, wo sich Kinder in der Stadt gut bewegen können. Beim Besuch in einer Beratungseinrichtung erfahren die Teilnehmer, wie Kindern in Not geholfen werden kann.

Tour 2: Kinder sollen ihre Stärken kennenlernen

Kinder haben das Recht, über Bildung ihre Fähigkeiten zu entdecken und ihre Persönlichkeit zu entfalten. Bei einem Besuch im Weltladen erfährt die Gruppe, wie Kinder in anderen Ländern durch Kinderarbeit an diesem Recht gehindert werden und was sie dagegen tun können. Gemeinsam erforschen sie, wie ihre Traumschule aussehen könnte und wo in der Stadt sie außerhalb der Schule etwas lernen können.

Tour 3: Kinder dürfen mitreden

Kinder haben das Recht, laut ihre Meinung zu sagen und in Fragen, die sie betreffen, mitzubestimmen. Doch wie wird man gesehen und gehört? Bei der zuständigen Behörder können die Kinder eine Kinderdemo „probe-anmelden“. Doch wer mitreden will, muss sich auch schlau machen können. Die Gruppe testet, wie man im Internet gut verständliche Informationen für Kinder findet.

Tour 4: Zusammenleben in Vielfalt

Die Kinderrechte gelten für alle Kinder, egal welcher Religion sie angehören, welche Hautfarbe sie haben, ob sie behindert sind oder nicht. Kein Kind darf wegen seiner Besonderheiten benachteiligt oder ausgeschlossen werden. In Begegnung mit einem religiösen Menschen sprechen die Kinder über ihr Recht auf Religion und thematisieren Ausgrenzungserfahrungen. Mit einem Rollstuhl erproben sie, auf welche Hindernisse behinderte Kinder in der Stadt stoßen.

Durchführung

Die Tour-Anleitungen sind so verfasst, dass sich die Kinder sich ihr Vorgehen eigenständig arbeiten können. Eine Begleitung der einzelnen Gruppen durch für Fragen der Kinder zur Verfügung stehende Erwachsene ist dennoch sinnvoll. Das Angebot richtet sich an Kinder und Jugendliche im Alter von 8-13 Jahren in Schulklassen, Jugend- und Kinder- oder Konfirmandengruppen.

Auszeichnung

Preisübergabe Goldene Taube für Kinderrechte-Entdeckertouren
Preisübergabe Goldene Taube für Kinderrechte-Entdeckertouren – Foto: Ev. Akademie

Der Jugendbereich der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt e.V. wurde 2014 für sein Engagement im Bereich der Menschenrechtsbildung mit einer Friedenstaube des Landshuter Künstlers Richard Hillinger ausgezeichnet. Die in Bronze gegossene Skulptur ist eine von dreißig Exemplaren, die zum Einsatz für den Frieden und Menschenrechte ermutigen sollen.

Zum 60. Jahrestag der Erklärung der Allgemeinen Menschenrechte der Vereinten Nationen schuf der Künstler Hillinger die lebensgroßen, goldfarbenen Tauben – eine gemeinsame Initiative mit dem Bundespräsidenten a.D. Roman Herzog. Die Tauben mit dem Ölzweig im Schnabel fliegen weltweit von Person zu Person und von Einrichtung zu Einrichtung. Die Auszeichnung wird jeweils vom vorherigen Preisträger überreicht, um Engagement zu würdigen und zu weiterem Einsatz für die Menschenrechte zu ermutigen. Bisherige Preisträger sind u.a. der Künstler Ai Weiwei, Politiker wie Roman Herzog, Angela Merkel und Michail S. Gorbatschow aber auch Organisationen bspw. Amnesty International, das Europäisches Parlament und der Club of Rome.

Die Junge Akademie erhält den Preis vom Projekt Kinderdemokratie des Göttinger Instituts für Demokratieforschung für die Entwicklung und Verbreitung von sogenannten Kinderrechte-Entdeckertouren. Bei den Touren erkunden Kinder ihre Rechte in ihrem Lebensumfeld durch Begegnungen, konkrete Erfahrungen und Aufgaben zum Hinschauen, Nachdenken und Dokumentieren. Sie erproben mit einem Rollstuhl, auf welche Hindernisse man in der Stadt als Kind mit Behinderung stößt, lernen durch Mitarbeiterinnen von Beratungsstellen Angebote für Kinder in Notsituationen kennen, erfahren beim Weltladen, wie durch fairen Handel das Recht von Kindern auf Schutz vor Kinderarbeit gestärkt werden kann oder machen im Landkreisbüro von ihrem Versammlungsrecht Gebrauch, indem sie eine Demonstration probe-anmelden.

Auch die Kirchenredaktion von Radio SAW berichtete über die Preisverleihung:

In der Lutherstadt Wittenberg ist eine goldene Friedenstaube gelandet. Als Auszeichnung für hervorragendes Engagement im Bereich der Menschenrechte. Preisträger ist der Jugendbereich der Evangelischen Akademie mit seinen „Kinderrechte-Entdeckertouren.“ Mit der goldenen Taube steht die Junge Akademie in einer Reihe mit vielen namhaften Preisträgern.

Eine Produktion des IAD-Regionalbüro Magdeburg für radio SAW – ausgestrahlt am 2. Februar 2014: https://soundcloud.com/thorstenkessler/eine-goldene-friedenstaube

Lizenz/Nachnutzung

CC BY 4.0
Weiternutzung als OER ausdrücklich erlaubt: Dieses Werk und dessen Inhalte sind – sofern nicht anders angegeben – lizenziert unter Attribution-ShareAlike 4.0 International (CC BY-SA 4.0) . Nennung gemäß TULLU-Regel bitte wie folgt: Kinderrechte Entdeckertouren von Eva-Maria Reinwald/ Ev. Akademie Sachsen-Anhalt , Lizenz: Attribution-ShareAlike 4.0 International (CC BY-SA 4.0) .

Die Kinderrechte-Entdeckertouren wurden im Rahmen eines Modellprojekts und der Ev. Trägergruppe für gesellschaftspolitische Jugendbildung entwickelt. Die Entwicklung und modellhafte Anwendung wurde durch das BMFSFJ gefördert.

Tobias Thiel

Studienleiter für gesellschaftspolitische Jugendbildung
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