Diskurs

VR in der Konfi-Arbeit

Gemeinsam neue Welten erschließen und gestalten
VR-Brillen aus Pizzaschachteln
Kollage von Miriam Meir

Virtual Reality (VR) – klingt beim ersten Lesen vielleicht eher nach Silicon Valley als nach der örtlichen Kirchgemeinde. Doch tatsächlich ist das Arbeiten in und mit virtuellen und erweiterten Wirklichkeiten gar nicht kompliziert oder materialintensiv. VR lädt Konfis dazu ein, sich neue Welten zu erschließen, Visionen zu zeichnen und Kirche zu gestalten. In der letzten Zeit habe ich in verschiedenen Kontexten damit gearbeitet und fasse in diesem Beitrag didaktische Reflexionen, die nötigen Materialien, ein Tool zum Kreativwerden sowie weitere Impulse für Themen der Konfi-Arbeit zusammen. Interessierte können sich außerdem gerne im interaktiven Video der Online-Fortbildung vom 24.11.2022 auf der Vernetzungsplattform Relilab in die Methode vertiefen.

Didaktische Reflexionen

Zu den jugendlichen Lebenswelten und Wirklichkeiten gehören leider auch Sorgen und Ängste, zum Beispiel vor Krieg, Armut oder dem Klimawandel. Da können negative Bilder, Dystopien oder Weltuntergangsszenarien aus den Medien schnell noch tiefer runterziehen. Das Arbeiten mit VR in der Konfi- und Jugendarbeit hingegen eröffnet Räume für positive Bilder, Sehnsüchte und Visionen. Wie erträume ich mir die Welt in 10 Jahren? Was würde ich mir für meine Kirche wünschen? Oder was gehört für mich zum Paradies dazu? Im Gestalten von virtuellen Wirklichkeiten tasten sich Konfis an diese Fragen heran. Dabei erleben sie digitale Medien nicht nur im Konsumieren. Sie lernen, was es heißt, selbst ins Produzieren zu kommen und eigene Wirklichkeiten zu erschaffen. So nehmen sie ihre Umwelt nicht als gegeben wahr, sondern entdecken Potentiale zur Veränderung, welche Schritt für Schritt zum Handeln ermutigen – eine der Kernkompetenzen des Globalen Lernens.

VR-Brillen basteln

Um mit VR zu arbeiten braucht es vor allem Mobilgeräte und einen Internetzugang, ggf. reicht ein mobiler Hotspot. Ich benutze für diesen Zweck ein paar ausrangierte Geräte, in der Regel bringen die Konfis aber auch ihr eigenes Werkzeug mit (ein Smartphone pro Kleingruppe reicht völlig aus). Besonders anschaulich wird VR aber erst mit den nötigen Brillen. Die lassen sich leicht aus Karton, zum Beispiel aus leeren Pizzaschachteln, basteln. Eine Anleitung sowie Vorlagen in diversen Größen zum Ausdrucken finden sich bei mein-guckkasten.de. Auch VR-Linsen können aus PET-Flaschen, Sekundenkleber und etwas Wasser selbst gebastelt werden. Diese Arbeit bedarf jedoch viel Fingerspitzengefühl und Geduld. Für Konfi-Gruppen ist es daher ratsamer, fertige VR-Linsen vorher zu bestellen. Ebenso können alternativ auch ganze Cardboard-Sets ab ca 2 € pro Stück bestellt werden. Dort sind bereits alle Materialien enthalten. Um VR zu betrachten, wird das Smartphone mit einem Bild oder einem Video in der VR-Brillenansicht in die Brille gelegt. Dank der Bewegungssensoren im Mobilgerät kann sich nun die betrachtende Person „im Bild“ umschauen.

Mit VR kreativ werden

Mittlerweile gibt es zahlreiche Tools und Apps, um in und mit VR selbst kreativ zu werden. Am schlichtesten schien mir bisher die Webseite panoform.com. Dort können sogenannte „Grids“, also Vorlagen für 360° Bilder, zum Ausdrucken heruntergeladen werden. Die leichten Linien dienen dabei zur Orientierung, denn anders als bei einem einfachen Landschaftsbild werden nun auf einem einzigen Blatt alle vier Himmelsrichtungen dargestellt. Da empfiehlt es sich viele kleine Elemente nebeneinander zu positionieren. Wenn die Seite mit dem Mobilgerät aufgerufen wird, können unter „try it“ die entstandenen Bilder abfotografiert und hochgeladen werden. Unten rechts erscheint dann ein kleines Brillensymbol, was die VR-Ansicht, also die Doppelung des Bildes für die VR-Brille, aktiviert.

In der Konfi-Arbeit können auf diese Weise Zukunftsvisionen, Paradiesvorstellungen oder auch biblische Szenen ausgedrückt werden. In Kleingruppen erarbeiten sich die Jugendlichen, was für sie in die perfekte Kirche gehört oder wie sie sich das Paradies heute erträumen würden. Die einzelnen Elemente stellen sie dann auf den Vorlagen dar. Hierbei können sie neben Zeichnungen auch in Kollagen Bilder aus Zeitschriften integrieren. Am Ende besichtigen sie gegenseitig ihre Werke und erklären, was sie sich dabei gedacht haben.

Weitere Impulse für die Konfi-Arbeit

Wenn sich eine Gruppe einmal die Mühe gemacht hat, VR-Brillen selbst zu basteln und das Medium für sich zu erschließen, lässt sich VR auch an vielen anderen Stellen in der Konfi-Arbeit gewinnbringend einsetzen. Auf der Video-Plattform YouTube lassen sich mit dem Filter 360° explizit VR-Inhalte suchen. So können Konfis zum Thema Ostern Jesus auf seinem Weg zur Kreuzigung im heutigen Jerusalem folgen. Zum Thema Gottesdienst wiederum reisen sie mit der Liebenzeller Mission um die Welt und besuchen eine Gemeinde in Sambia, eine Freikirche in Kanada, oder einen traditionellen Begrüßungstanz in Papua Neuguinea. Wenn etwas zum interreligiösen Dialog ansteht, können die Konfis mit VR eine Moschee oder eine Synagoge besichtigen oder zum Thema Beten virtuell an einem Gebet der Communauté von Taizé teilnehmen. Wenn es um Martin Luther geht, besuchen sie mit VR verschiedene Orte der Reformation, wie z.B. die Wartburg in Eisenach, und beim Thema Kirchenmusik finden sie sich inmitten eines Orchesters wieder.

Neben den freien Inhalten im Netz hat auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk VR für sich entdeckt und bietet hochwertige Reportagen und Spielfilme für die VR-Brille an. So können bei Arte religiöse Gemälde, z.B. die Hochzeit zu Kana, betrachtet oder mit ZDF fremde Planeten oder Steinzeitkultstätten erkundet werden. Insbesondere während der Corona Pandemie weiteten auch Museen ihre virtuellen Pforten. Wie viele anderen bietet das Louvre in Paris spezielle und kostenlose Tours für virtuell Besuchende an und auch das Anne Frank Haus in Amsterdam lässt sich auf diese Weise erschließen. Letztlich ist der Internetriese Google dafür bekannt, die Welt einmal abgelichtet zu haben. Mit Google Expeditions lassen sich unterschiedlichste Orte, Festlichkeiten oder Kunstwerke erkunden.

Die hier vorgestellten Medien und Seiten lassen sich in einem einfachen Internetbrowser öffnen. Besondere Apps (in Ausnahme des Anne Frank Hauses) oder Accounts bzw. die Eingabe persönlicher Daten sind nicht notwendig. Einige der Seiten werden jedoch auf amerikanischen Servern gehostet und unterliegen daher nicht den europäischen Datenschutzbestimmungen.

Friedensbilder mit VR

Wer nun Lust auf VR bekommen hat, kann das alles einmal selbst ausprobieren. Im Relilab bot ich gemeinsam mit Friederike Wenisch eine Fortbildung zu Friedensbilder in VR an. Auch finden sich auf der Seite viele weitere Spannende Impulse zu digitalen Medien und dem Globalen Lernen bzw. Bildung für Nachhaltige Entwickelung (BNE) im religiösen Lernen.

VR-Bilder werden als Methoden im Heft „Konfi-Arbeit grenzenlos“ zum Globalen Lernen mit digitalen Medien in der Konfi-Arbeit vorgestellt.

Weitere Beiträge zum Globalen Lernen mit digitalen Medien in der Konfi-Arbeit finden sich im Blog der Projektstelle „Konfis und die Eine Welt“.

Miriam Meir

Studienleiterin der Projektstelle "Konfis und die Eine Welt" (2019-2023)
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Konfis Global

In diesem Blog berichte ich zu Globalem Lernen in der Konfi-Arbeit und gebe Anregungen zur Nutzung digitaler Medien.

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