Diskurs

Mahnung, Beleidigung – oder beides?

Workshop mit Konfirmandinnen und Konfirmanden

Dass Wittenberg bestimmt eine Reise wert sein würde, dachte sich auch eine Gruppe von Konfirmandinnen und Konfirmanden aus Mannheim unter der Anleitung von Pfarrerin Susanne Komorowski. Auf den Spuren der Reformation stießen sie jedoch nicht nur auf deren Errungenschaften, sondern auch auf das antijüdische Schmährelief an der Wittenberger Stadtkirche. Die beleidigende Darstellung war bereits im Mittelalter dort angebracht worden, erfuhr aber erst durch Martin Luthers judenfeindliche Schriften größere Bekanntheit. Eine Führung am Relief verdeutlichte, dass sich mit der frühneuzeitlichen Reformation viele theologische Neuerungen verbanden, aber eben keine grundsätzliche Abkehr von der lange bestehenden christlichen Judenfeindschaft.

Inwiefern dieses Thema noch heute brandaktuell ist, diskutierten wir im Anschluss an die Führung in einem Workshop. Dabei erhielten die Konfirmandinnen und Konfirmanden die Möglichkeit, sich in die Debatte um den Umgang mit den beleidigenden Bildwerken einzumischen. Außer in Wittenberg gibt es die steinernen Abbildungen noch an über 30 weiteren Kirchen im deutschsprachigen Raum. Mittels eines Positionierungsspiels entspann sich zwischen den Konfirmandinnen und Konfirmanden eine lebhafte Diskussion: Sollte man die Darstellungen abnehmen und in ein Museum bringen? Oder sollten sie als Zeichen der Mahnung an der Kirche verbleiben? Gute Gründe gab es für beide Seiten, ebenso wie dafür, die Schmähplastiken zu verhüllen oder zu verdecken. Der Workshop bot den Konfirmandinnen die Chance, sich mit den verschiedenen Positionen in der Debatte vertraut zu machen, sowie sich von den Argumenten der anderen irritieren und gegebenenfalls auch überzeugen zu lassen.

Vincent Kleinbub

Mitarbeiter im Projekt „Bildspuren“ (2022 bis 2023)
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