Diskurs

Alle sind Priester, manche sind Pfarrer!

Luthers Traum und die Realität 500 Jahre danach
Alexander Deeg Wittenberg, 30. Oktober 2021, 10 Uhr

Vortrag von Prof. Alexander Deeg auf der Tagung „Priestertum aller Gläubigen oder landeskirchliche Ordnung? Eine Konfliktgeschichte“

Ganz herzlichen Dank für die Einladung nach Wittenberg – und für die Freude und Ehre an einem solchen Ort mit Ihnen nachdenken zu dürfen über ein Thema, dem doch eine gewisse Ambivalenz eignet. Es ist ein Dauerthema evangelischer Selbstreflexion: Wie halten wir’s denn nun mit dem allgemeinen Priestertum aller Getauften? Ist es eine der am meisten genutzten und stolz vor uns hergetragenen evangelischen Pathosformeln, die sich wunderbar zur Verschleierung einer völlig anderen kirchlichen Realität eignen?
Oder ist es mehr, Strukturprinzip unserer Kirchen, Leitbild unserer Ordnungen und Phänomen, dem wir in der Praxis landauf landab begegnen?

Sprechen wir zurecht mit ein wenig Stolz vom Priestertum aller – oder müssten wir schamrot werden, wenn wir unsere durch und durch pfarrzentrierten Kirchen als gelebte Orte des Priestertums aller Getauften apostrophieren?
Es mag sein, dass Sie sich in all diesen Ambivalenzen schon längst eine Meinung gebildet haben – und dass sie zur Frage nach Pfarramt und allgemeinem Priestertum schon viel mehr gelesen und gedacht haben als ich. Dann freue ich mich umso mehr auf das Gespräch im Anschluss an diesen Vortrag.

Ich bin kein Historiker – und werde auch gar nicht erst so tun, als könnte ich historische Entwicklungen minutiös nachzeichnen. Ich bin auch kein Kirchenrechtler – und kann über die verschiedenen Ordnungen unserer Kirchen und ihre jeweiligen Gesetzgebungen nicht kompetent Auskunft geben.

Ich bin Praktischer Theologe, selbst Pfarrer (ein bayerischer, der jetzt in Sachsen lebt) – und von daher jemand, der aus eigener Betroffenheit über das Thema spricht – und der andererseits Studierende ausbildet, damit sie Pfarrerinnen und Pfarrer werden. Auf diesem Hintergrund blicke ich auf Phänomene, versuche das eine oder andere einzuordnen – und bin tatsächlich der Meinung, dass wir viel zu oft und viel zu schnell und viel zu stolz vom allgemeinen Priestertum reden – und eher zu selten bedenken, was das bedeuten könnte: für das Pfarramt und für unsere gemeindliche Praxis.
Und ganz schlimm wäre es, wenn wir vom allgemeinen Priestertum nun – in Zeiten absehbarer massiver finanzieller Einbrüche – vor allem aus strategischen Gründen reden würden: Wir brauchen die Ehrenamtlichen, weil uns unser kirchlicher Betrieb sonst ziemlich schnell ziemlich brutal zusammenbrechen würde – also loben wir sie mal und sprechen vom Priestertum aller. Nein, lassen sie uns grundlegender herangehen.

Ich will zeigen, dass und wie ein Pfarrer/eine Pfarrerin einen nicht nur paradoxen, sondern immer auch närrischen Beruf ausübt – und genau dies dem evangelischen Pfarramt grundlegend entspricht. Und ich will Sie teilhaben lassen an einer auch für mich offenen Suchbewegung und einer Grundfrage, die mich seit Jahren umtreibt: Wie schaffen wir es endlich, dass die Rede vom Priestertum aller Getauften keine leere evangelische Pathosformel ist, sondern gelebte und erfahrbare kirchliche Realität?

Den gesamten Vortrag von Professor Deeg finden Sie hier:

Paul F. Martin

Studienleitung Theologie/ Gesellschaft/ Kultur
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Öffentliche Diskurse in öffentlichen Angelegenheiten.

Gemeinschaftlicher Ausgang aus nicht nur selbstverschuldeter Unmündigkeit.

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