Diskurs

Pressemitteilung vom 29.10.2025

Kuratorin für Ausstellung zum judenfeindlichen Relief an der Stadtkirche Wittenberg gefunden
Maren Krüger

Lutherstadt Wittenberg. Maren Krüger heißt die ausgewählte Kuratorin, die die Ausstellung in der Sakristei der Wittenberger Stadtkirche inhaltlich ausarbeiten wird. Die Berlinerin, die bis 2024 im Jüdischen Museum Berlin als Kuratorin tätig war, überzeugte den Gemeindekirchenrat der Evangelischen Stadtkirchengemeinde, um gemeinsam mit der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt einen Bildungsort zu schaffen, an welchem das judenfeindliche Relief an der Wittenberger Stadtkirche historisch und theologisch eingeordnet wird. Dieser wird in der Sakristei der Stadtkirche entstehen.

Die gebürtige Ostwestfälin studierte Judaistik in Münster, Berlin und Jerusalem und arbeitete anschließend freiberuflich für Museen, Gedenkstätten, Verlage, Archive und Universitätsinstitute, darunter die Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum und das Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin. Hier war sie kuratorisch an Ausstellungsprojekten zur jüdischen Geschichte, Kultur und Religion beteiligt und betreute Buchveröffentlichungen. Seit 1990 arbeitete sie als Kuratorin am Jüdischen Museum Berlin und wirkte sowohl an der ersten als auch an der zweiten Dauerausstellung mit.

„Ich freue mich auf das Projekt in Wittenberg, bei dem man sich aus christlicher Perspektive dem Judentum nähert. Mein Anliegen ist es, das Thema einem breiten Publikum zugänglich zu machen“, sagt die 66-Jährige.

Um das antijüdische Relief an der Wittenberger Stadtkirche dauerte ein Rechtsstreit an, in welchem die Stadtkirche durch drei Instanzen hinweg auf Abnahme des Reliefs beklagt wurde. In einem Urteil des Bundesgerichtshofes 2022 wurde die Klage abgewiesen. Der Kläger kündigte weitere rechtliche Schritte an.

Judenfeindliche Schmähbilder sind auch an anderen Kirchen des ehemaligen Heiligen Römischen Reiches zu finden. In Wittenberg ist die Herabwürdigung eine doppelte, da das Relief aus dem 13. Jahrhundert in der Reformationszeit mit einer gotteslästerlichen Inschrift erweitert wurde, die sich auf eine judenfeindliche Schrift Martin Luthers bezieht. So inszenierte sich die junge evangelische Kirche 1570 als Mutterkirche der Reformation und grenzte sich deutlich vom Judentum und auch vom Katholizismus ab. Der Schmähung gegen die Juden aus dem Mittelalter wurde damit eine zweite, protestantische hinzugefügt.

Die evangelische Kirche distanziert sich heute deutlich von diesem historischen Erbe. „Wir wollen nicht, dass die furchtbare Botschaft, die von diesem Schandmal an der Kirche ausgeht, weiter predigt. Deshalb bleibt es eine fortlaufende Aufgabe, dem etwas entgegenzusetzen“, sagt Stadtkirchenpfarrer Matthias Keilholz.

In den 1980er Jahren war die Wittenberger Kirchengemeinde die erste in Deutschland, die sich mit diesem Erbe kritisch auseinandersetzte. 1988 schufen der Künstler Wieland Schmiedel und der Schriftsteller Jürgen Rennert eine Gegenplastik in Form einer Bodenplatte, die zusammen mit dem Schmährelief und einer 1990 gepflanzten Zeder die „Stätte der Mahnung“ bildet.

Im Zuge des Reformationsjubiläums 2017 gab es heftige Debatten um den Umgang mit dem Relief an der Kirche. Abnehmen oder hängen lassen? Der Gemeindekirchenrat entschied, das Relief an seinem Ort verbleiben zu lassen. Mit der nun geplanten Ausstellung soll es weiter kontextualisiert und in einem Bildungsort pädagogisch erschlossen werden.

Schlagwörter: Gesellschaft, Kultur, Religionen

Christoph Maier

Akademiedirektor und Studienleiter für Theologie und Politik
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Annelie Hollmann

Studienleiterin Bildungsort "Stätte der Mahnung" an der Stadtkirche Wittenberg
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Gemeinsame Pressemitteilung
der Ev. Akademie Sachsen-Anhalt e.V. und der Ev. Stadtkirchengemeinde Wittenberg | 29.10.2025

PM Kuratorin gefunden (PDF)

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