Hier finden Sie den Bericht zum Benefizkonzert in der Dessauer Georgenkirche
Die Jüdische Gemeinde zu Dessau feierte im Herbst 2024 ihr 30-jähriges Bestehen und lud aus diesem Anlass am 7. Oktober 2024 zu „Jüdischen Liedern vom Mandelzweig“ mit dem Vokalquartett aus Bern und Dessau, das seit 2020 Lieder aus der jüdischen Tradition in anhaltischen Kirchen singt. Es brauchte keine Rede, keine Begrüßung, denn wunderbar stimmten am Cello Maurice Lepetit und am Piano Susanne Simon mit dem Bach-Choral „Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ“ ein in das Gebet für den Frieden. Im Altarraum standen 40 Kerzen. Psalm 130 wurde durch Pfarrer i.R. Dietrich Bungeroth gebetet und dazu im Quartett gesungen „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“. Dann folgten Lieder aus Israel und Lieder, die zu jüdischen Feiertagen gesungen werden. Dazwischen mahnten eindringliche Worte, im Gebet und im Tun, im Reden und vor allem im Hoffen das Thema Frieden nicht aus den Augen zu verlieren.
Das Konzert wurde durch das bewegende Lied von Schalom Ben-Chorin vom Mandelzweig, der immer wieder blüht, eingeleitet. Sofort dachte ich an die Mütter, die ihre Kinder an der Hand nehmen und unterwegs sind, weg aus den Kriegsgebieten, sei es in der Ukraine, auch in Russland und vor allem jetzt im Nahen Osten. Die Sopranistin Caroline Bungeroth aus Bern sang dazu das eindrückliche Lied von den Comedian Harmonists „Irgendwo auf der Welt gibts ein kleines Stückchen Glück“. Da klang dann das Gerhard-Schöne-Lied am Ende zu Psalm 133 „Schön ists, wenn Schwestern und Brüder friedlich zusammenwohnen“ wie eine Mahnung, dass nur Frieden und Toleranz dieser Welt eine Zukunft geben.
Der Einladung der Dessauer Kirchengemeinden und der Evangelischen Akademie in Wittenberg waren über 100 Menschen gefolgt. Die Sammlung am Ausgang erbrachte über 800 €. Viel Beifall gab es für das Konzert und auch für die Dankesworte des Vertreters der Jüdischen Gemeinde an die Georgengemeinde als Gastgeber und die Akteure.
Elke Grundmann
Fotos: Dominic Häde
Dem Konzert ging ein Besuch in der Weill-Synagoge in Dessau voraus. Die Besuchergruppe von rund 50 Personen wurde herzlich vom Geschäftsführer der jüdischen Gemeinde zu Dessau, Aron Russ, begrüßt. Er berichtete über jüdisches Leben in Dessau vom 17. Jahrhundert bis heute. Mit Verweis auf Mendelssohn zeigte er die Bedeutung des Judentums für Deutschland und umgekehrt auf. Lebhaft und offen erzählte Russ vom heutigen Gemeindeleben, das von der Multikulturalität der Mitglieder und dem sozialen Engagement gegenüber Hilfsbedürftigen geprägt ist. Viele Gemeindemitglieder stammen aus sowjetischen Staaten. Nach der politischen Wende kamen sie nach Deutschland und schließlich ins Dessauer Umland. Sie brachten nicht nur ihre jeweiligen Speisen und Sprachen mit, sondern auch ihre religiöse Neugierde. Weil sie in der Sowjetunion ihre Religion nicht oder nur sehr eingeschränkt ausüben konnten, erlebten viele das Judentum neu. Ein Aspekt des Judentums, so Russ, besteht darin der Gesellschaft zu dienen. Die Gemeinde ist in verschiedenen sozialen Projekten involviert. Beispielsweise unterstützen russischsprechende Gemeindemitglieder ukrainische Migranten.
Die neue Synagoge zeigt nun noch deutlicher, dass jüdisches Leben in Dessau nicht nur möglich, sondern angekommen ist, so Herr Russ, als er kurz auf die Baugeschichte einging. Einzelne Elemente des Raumes wurden vom Geschäftsführer hervorgehoben und erklärt. Die interessierten Gäste staunten, als sich vor ihnen der hohe Toraschrein öffnete. Herr Russ erklärte die Bedeutung der Heiligen Schriften für den Gottesdienst und das Judentum. Anschließend konnten die Besucher viele Fragen an den Geschäftsführer stellen. Wie so oft verging die Zeit viel zu schnell und beide Seiten wünschten sich eine Fortführung des Gesprächs.
Dominic Häde
Fotos: Dominic Häde
Fotos: Dominic Häde