Am 29. Oktober 2021 wurde in der Evangelischen Akademie die Ausstellung Muttersprache mit Bildern der Malerin Claudia Hauptmann eröffnet. Die Bilder sind noch bis zum 16. Januar 2022 zu sehen. Bei Interesse melden Sie sich bitte an.
Die Bildersprache von Claudia Hauptmann öffnet Räume zur Begegnung auch in einer religiösen Dimension. Seh- (und Hör)Gewohnheiten werden gestört. Bei der Betrachtung der Bilder werde ich in meinen religiösen Gewissheiten unterbrochen – etwa, wenn ein junges Mädchen aus dem Topmodel-Milieu zeigt, wie ein Haupt serviert wird. Und wenn die Malerin dann noch die Geschichte hinter dem Bild erzählt, tritt die ganze Drastik und Gewalttätigkeit zu Tage, die sich in der biblischen Geschichte von Salome und Johannes dem Täufer und in den Geschichten unzähliger Menschen zeigt.
Genauso in den ikonographisch anmutenden Bildern zeigt sich ihr Blick auf die Zeit, in der das Heilige banal und zum Event zu verkommen droht – Jesus mit einer Computerkabelkrone auf dem Haupt und Marias andächtiger Blick auf die Nachricht, die ihr aus dem Smartphone entgegen blinkt.
Das Bild „Die Vertreibung aus dem Paradies“ wirft einen ebenso überraschenden Blick auf diese doch so bekannte Geschichte wie das Gemälde von der Schöpfung, auf dem die Früchte der Erkenntnis des Bösen und des Guten durch die Gewalt des Urknalls ins Universum geschleudert werden, während Eva und Adam sich erkennen in einem Kuss.
Maria, die Jesus (zweifach) zur Welt bringt und Sheherzarade, zwischen deren Beinen der Geschichtenfluss fließt, mit dem sie sich aus patriarchaler Gewalt rettet oder Penelope, die sich am Webstuhl vor den übergriffigen Männern schützt – Farbexplosionen, die irritieren und unterbrechen.
Das Bekannte so zu sagen, dass es nicht fremd ist, mir aber meine bisherige Gewissheit infrage stellt – das ist eine Aufgabe der Kunst. Und das gelingt Claudia Hauptmann mit eben der Sicherheit, mit der sie auch ihr Handwerk versteht.
Insgesamt 29 Bilder der Künstlerin sind in der Akademie zu sehen. Sie sind eingeladen – herzlich willkommen.