Mit Friedrich Schorlemmer ist ein Freund und Förderer von uns gegangen, der wie kein anderer der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt in Wittenberg sein Profil und Gesicht gegeben hat. Er hat sich im öffentlichen Diskurs über Fragen des Glaubens, der Philosophie und der Gerechtigkeit, über das Verhältnis des Menschen zu seiner Umwelt, das Einende und das Trennende in unserer Gesellschaft maßgebend geäußert.
Er war ein Verfechter der Demokratie, der keine Scheu kannte, Positionen zu beziehen und sie öffentlich zu vermitteln. Friedrich Schorlemmer war – und blieb auch nach der Wende – ein sehr politischer Mensch. Er wurde Mitglied der SPD. Er brachte sich politisch ein, wo es geboten und notwendig war. Gleichzeitig hinterfragte er eigene Standpunkte und konnte Neues aufnehmen, wo sich Sachlagen änderten oder Argumente anderer ihn überzeugten. Er erhob die Stimme gegen die und mit den Mächtigen, den weniger Mächtigen, den Intellektuellen und den Schriftgelehrten, innerhalb und außerhalb der Kirche, machte keine Unterschiede, welcher Herkunft sie waren – und er wurde gehört.
Die bildmächtige Aktion zum Wort des Propheten Micha „Schwerter zu Pflugscharen“ ging auf seine Initiative zurück: Zum Evangelischen Kirchentag 1983 in Wittenberg schlug der Schmied Stefan Nau am 24. September 1983 ein Schwert zu einer Pflugschar um. Dieses Zeichen wurde zum Emblem der Friedensbewegung, zunächst in der DDR, aber dann auch in der BRD. In Wittenberg, der Stadt der 95 Thesen Luthers, stellten er und sein Friedenskreis 1988 „Zwanzig Wittenberger Thesen“ auf, die sie zur Herbstsynode 1988 in Halle öffentlich machten. Ein Dokument, das grundlegend darüber nachdachte, wie die DDR zu reformieren wäre. Schorlemmers Mut und Wort stärkte die kirchlichen Friedens- und Demokratieinitiativen und trug wesentlich zur Bürgerrechtsbewegung der DDR bei, die 1989 in die friedliche Revolution mündete.
Friedrich Schorlemmer hat im Jahr 1994 mit Freundinnen und Freunden aus seinem Wittenberger Arbeits- und Lebensumfeld den „Förderkreis des Tagungs- und Begegnungszentrum der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt e.V.“ gegründet. Schnell wuchs der Kreis auf über 100 Mitglieder an, die sich dem Verein aus dem gesamten Bundesgebiet anschlossen.
Über zwei Jahrzehnte blieb Friedrich Schorlemmer der magnetische Mittelpunkt des Förder- und Freundeskreises der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt. Er rief die sommerlichen Raderfahrungstagungen ins Leben, die durch die Natur- und Kulturlandschaften um Wittenberg führten. Dazu fanden sich regelmäßig viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem Förderkreis ein, knüpften Kontakte und Freundschaften, lernten den geschichtlichen, kulturellen und naturräumlichen Reichtum der Region an der Elbe kennen und schätzen. Schorlemmers Prominenz stärkte den Förderkreis der Akademie. Durch seine Freundschaften und zahlreichen Kontakte zu interessanten Persönlichkeiten wurde die Wittenberger Akademie zu einem besonderen deutsch-deutschen Begegnungsraum nach der politischen Wende. Friedrich Schorlemmers charismatische Ausstrahlung zog die Menschen in seine Veranstaltungen und führte nicht wenige von ihnen weiter und näher zusammen, auch und vor allem im Förderkreis der Akademie.
Für all das bleiben wir Friedrich Schorlemmer zutiefst dankbar. Wir behalten sein Engagement, seinen Enthusiasmus, seinen fröhlichen Mut und seine ansteckende Lebensfreude aus tiefem Gottvertrauen in ehrender und herzlicher Erinnerung. Unser Dank und Mitgefühl gilt jetzt vor allem seinen Kindern und Angehörigen.
Vorstand des Förder- und Freundeskreises der
Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt