Veranstaltung

16.11.2022
19.00 – 21.30Uhr

Ev. Akademie Sachsen-Anhalt

Talk am Turm: Jüdische Perspektiven auf die Wiedervereinigung

Das Datum des 9. Novembers ruft neben der Erinnerung an die Novemberpogrome immer wieder auch die Erzählung einer erfolgreichen Wiedervereinigung auf. Am 9. November 1989 fiel die Mauer und schenkte den Ostbürgerinnen und Ostbürgern die lang ersehnte Freiheit, so eine gängige Darstellung in Politik und Medien. Dass diese Erzählung den Erfahrungen vieler Ostdeutscher nicht gerecht wird, daran gibt es schon länger verstärkte Kritik. Weitgehend ausgeblendet finden sich unterdessen jüdische und migrantische Perspektiven auf die Wiedervereinigung. Dabei waren gerade sie in der Nachwendezeit in direkter Weise mit einem grassierenden Nationalismus und rechter Gewalt konfrontiert.

Insbesondere jüdische Stimmen blieben im Nachgang an den Mauerfall 1989 in ihrer Bewertung der Ereignisse ambivalent. Die Freude über die Öffnung und ein Ende des autoritären DDR-Regimes war in vielen Fällen von der Sorge vor einem neu erstarkenden deutschen Nationalismus begleitet. Nach 1945 war der Antisemitismus nie weg gewesen. Sowohl in West- als auch in Ostdeutschland machten Jüdinnen und Juden nach wie vor Ausgrenzungserfahrungen. Unter den Bedingungen eines vereinten Deutschlands schien ein Anstieg juden- und fremdenfeindlicher Gewalt ab 1990 eine reelle Gefahr darzustellen. Und tatsächlich: Die zahlreichen Anschläge auf Geflüchtetenunterkünfte, die Schändung jüdische Friedhöfe, die Gewalt gegen Jüdinnen und Migrantinnen, haben sich in die deutsche Nachwendegeschichte fest eingeschrieben.

Im öffentlichen Erinnern sind diese Perspektiven bis heute kaum präsent. Und das obwohl am 9. November vielerorts in Deutschland nicht nur an die Novemberpogrome im Nationalsozialismus erinnert, sondern auch vor einem Erstarken antisemitischer und rechter Gewalt gewarnt wird. Das gibt Anlass dazu, jüdische Perspektiven auf die Wiedervereinigung hör- und sichtbar zu machen. Im Nachgang des Gedenktags an die Novemberpogrome möchten wir über Herausforderungen des Erinnerns und Kontinuitäten des Antisemitismus in Deutschland ins Gespräch zu kommen.

Moderation:

Dr. Nora Pester, geboren in Leipzig, studierte Hispanistik, Politikwissenschaften und Volkswirtschaftslehre in Leipzig und Wien. Nach ihrer Promotion in den Politikwissenschaften war sie für den Passagen Verlag in                        Wien und das Museumsquartier Wien (ZOOM Kindermuseum) tätig. Danach arbeitete sie in Berlin beim Verlag Matthes & Seitz. Seit 2010 ist Nora Pester Inhaberin und Verlegerin des Hentrich & Hentrich Verlags mit                        Sitz in Berlin und Leipzig. Nora Pester ist Vorstandsmitglied des Netzwerks Jüdisches Leben e. V. und Kultursenatorin der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen. Seit 2021 ist sie zudem Beiratsmitglied der Holger-                        Koppe-Stiftung.

Gesprächspartnerinnen:

Stella Leder, geboren 1982 in Westberlin, ist Publizistin, Autorin und freie Dramaturgin. Sie studierte Kultur- und Literaturwissenschaften in Berlin und arbeitet für das Institut für Neue Soziale Plastik, das mit künstlerischen Mitteln und kultureller Bildung zu Antisemitismus arbeitet.  2021 erschien ihr autobiografischer Roman „Meine Mutter, der Mann im Garten und die Rechten. Eine deutsch-jüdische Familiengeschichte“ im Ullstein Verlag. Stella Leder ist darüber hinaus Herausgeberin des Sammelbandes „Über jeden Verdacht erhaben? Antisemitismus in Kunst und Kultur“, erschienen im Verlag Hentrich & Hentrich.

Dr. Juliette Brungs arbeitet als freie Autorin, Mediatorin, Beraterin und politische Bildnerin in Berlin. Sie ist Literaturwissenschaftlerin, hat in den USA promoviert und publiziert u.a. im Feld der German-Jewish Studies, zu zeitgeschichtlichen Themen sowie zu jüdischer Kultur- und Alltagsgeschichte nach 1945. Juliette Brungs war für mehrere Beratungs- und Bildungsstellen im Bereich der Extremismusprävention tätig und ist Vorstandsmitglied von Amcha Deutschland e.V. Als Jugendliche war sie in der Kinder- und Jugendgruppe der Ostberliner Jüdischen Gemeinde aktiv. Ein biografischer Beitrag von ihr erschien 2021 im Sammelband „Jung und jüdisch in der DDR“, herausgegeben von Sandra Anusiewicz-Baer und Lara Dämmig im Verlag Hentrich & Hentrich.


Die Teilnahme ist kostenfrei. Um Anmeldung wird gebeten.

Mit der Reihe „Talk am Turm“ möchte die Evangelische Akademie Sachsen-Anhalt Perspektiven in den Blick rücken, die im gesellschaftlichen und medialen Diskurs oft unterrepräsentiert sind. Die Veranstaltung ist Teil des Projekts „sus et iudaei – Schmähplastiken in Sachsen-Anhalt“, gefördert vom Ministerium für Bildung Sachsen-Anhalt und der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.

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Anmeldung geschlossen.
Details siehe Status.

Status:
  • Anmeldung offen
  • Freie Plätze vorhanden
Kursnr.: 2022-144
Downloads: Programm
Beginn: 16.11.2022, 19.00 Uhr
Ende: 16.11.2022, 21.30 Uhr
Kursort: Ev. Akademie Sachsen-Anhalt
Gebühr: 0€ (inkl. MwSt.)

Christoph Maier

Akademiedirektor und Studienleiter für Theologie und Politik
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Vincent Kleinbub

Mitarbeiter im Projekt „Bildspuren“ (2022 bis 2023)
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